- von Alexander Ratz
Berlin (Reuters) - Das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verfügte abrupte Ende der Förderung von E-Autos stößt auf Kritik auch innerhalb der Ampel-Koalition.
Die Spitze der SPD-Bundestagsfraktion bezeichnete die Entscheidung am Sonntag als äußerst unglücklich. Unverständnis kam auch von der Opposition: Wie die SPD-Fraktion forderte die Union eine Übergangsfrist. Bundesfinanzminister Christian Lindner lehnte dies ab. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht eine Schwächung der deutschen Hersteller vor allem in der Konkurrenz zu China. Lob kam indes von Habecks Koalitionspartner FDP.
Habecks Ministerium hatte am Samstag mitgeteilt, dass die Förderung des Kaufs eines E-Autos eingestellt werde. Von Montag an würden keine Anträge für den sogenannten Umweltbonus angenommen. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF). Dadurch wurden der Bundesregierung 60 Milliarden Euro aus dem KTF gestrichen, weil die Übertragung nicht genutzter Corona-Kredite im Bundeshaushalt verfassungswidrig war. Der Umweltbonus sollte ursprünglich bis Ende 2024 gelten. Am vergangenen Mittwoch hatten sich Habeck, Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner nach wochenlangem Tauziehen auf den Haushalt für 2024 verständigt.
Die drei stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Detlef Müller, Matthias Miersch und Verena Hubertz räumten zwar ein: "In Anbetracht der haushalterischen Gesamtlage müssen Einsparungen in unterschiedlichsten Bereichen getätigt werden." Daher habe sich Koalition aus SPD, Grünen und FDP grundsätzlich darauf geeinigt, das E-Auto-Förderprogramm auslaufen zu lassen. "Wir empfinden den am Samstag kurzfristig verkündeten Förderstopp zum 17.12. jedoch als äußerst unglücklich." Die Menschen in Deutschland erwarteten, lebensnahe Übergangsfristen von politischen Entscheidungsträgern.
"KEINE LEICHTE ENTSCHEIDUNG"
Der klimapolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Andreas Jung (CDU), sagte der "Rheinischen Post": "Wer in Erwartung der Förderung ein E-Auto bestellt hat, ist jetzt der Gelackmeierte: Er geht nun leer aus." Es müsse jetzt kurzfristig "Vertrauensschutz" gewährt werden. "Anträge für den Umweltbonus auf bisheriger Grundlage müssen noch bis Ende des Jahres gestellt werden können", forderte Jung. "Für Käufer mit einem unterschriebenen Kaufvertrag müssen Übergangsfristen bis zur Lieferung des Fahrzeugs gelten."
Lindner lehnte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" eine Übergangsfrist ab. Es sei immer klar gewesen, dass die Mittel für die Umweltprämie irgendwann aufgebraucht seien, sagte der FDP-Chef. "Es gab kein festes Datum." Insofern werde es bei dem Beschluss bleiben.
Habecks Ministerium zufolge wurden seit 2016 etwa zehn Milliarden Euro im Rahmen des Umweltbonus für rund 2,1 Millionen Elektrofahrzeuge ausgezahlt. Täglich gingen rund 1400 Anträge ein, bei einer durchschnittlichen Förderung von 4000 Euro. Am Sonntag räumte das Ministerium ein, es sei "keine leichte Entscheidung" gewesen. "Es ist aber eine unmittelbare Konsequenz aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der daraus resultierenden Haushaltskonsolidierung", erklärte das Ministerium weiter und betonte: "Die einseitige Kritik dazu weisen wir daher zurück." Aus Kreisen des Ministeriums hieß es, dies beziehe sich auf die Äußerungen der SPD-Fraktion.
Die FDP-Fraktion verteidigte Habecks Vorgehen: "Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Liberalen, Reinhard Houben, der "Rheinischen Post". Forderungen, den Ausstieg zu verlangsamen, lehnte Houben ab.
"VERKAUF GEHT EIN WIE EINE PRIMEL"
Dagegen kritisierte der CDU-Politiker Jung: "Künftig wird sich jeder dreimal überlegen, ob er in Erwartung bestehender Förderung eine Investition in Klimaschutz tätigt." Die Förderung habe dem Ziel gedient, den Ausbau der Elektromobilität voranzutreiben. "Schon jetzt werden die Klimaziele im Verkehr verfehlt", sagte Jung. "Statt echter Priorisierung wird beim Klimaschutz gekürzt."
Der Experte Dudenhöffer sagte der "Rheinischen Post", mit dem Schritt werde die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Autobauer sehr stark geschädigt. Die Zukunft des Weltmarktes für E-Autos sei damit erst recht China. Die Regierung in Peking fördere die E-Mobilität. "Bis Ende 2025 hätten wir den Hochlauf mit hohen Stückzahlen weiter geschafft." Die Wirtschaft hätte mehr Batteriekapazitäten aufbauen und neue Technologien umsetzen können. "Dann wäre auch das E-Auto billiger geworden." Jetzt aber habe Habeck den Stecker gezogen. "Der Verkauf geht ein wie eine Primel."
(Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)