Berlin (Reuters) - Die Deutsche Bahn treibt den Verkauf ihrer internationalen Logistiktochter Schenker voran und startet den Bieterprozess.
Mögliche Käufer können sich jetzt in einem diskriminierungsfreien Verfahren um Schenker bewerben, wie die Bahn am Dienstag mitteilte. In den nächsten Wochen soll ein ernsthaft interessierter Bieterkreis für den Logistiker ausgewählt werden. Konzernkreisen zufolge wird damit ein Komplettverkauf an einen Wettbewerber oder an einen Investor favorisiert. Auch ein Börsengang wird nicht ausgeschlossen, gilt derzeit aber als unwahrscheinlich.
Die Bahn will sich mit dem Verkauf stärker auf Deutschland und die Sanierung des maroden Schienennetzes konzentrieren. Verkehrsminister Volker Wissing zeigte sich über den nächsten Verkaufsschritt erfreut: "Ein Unternehmen wie Schenker muss sich international aufstellen, um wachsen zu können." Die Bahn hingegen müsse sich stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren.
Der Aufsichtsrat des Staatskonzerns hatte den Vorstand im September beauftragt, einen Käufer zu suchen. Bedingung ist unter anderem, dass die Bahn einen angemessenen Erlös erzielt. Dieser soll komplett im Konzern bleiben und zu einem großen Teil zur Tilgung von Schulden eingesetzt werden. Damit will die mit über 30 Milliarden Euro verschuldete Bahn ihre Kreditwürdigkeit stabilisieren.
Die Entscheidung zur Veräußerung war allerdings lange umstritten. Schenker ist die einzige Bahn-Sparte, die noch nennenswerte Gewinne erzielt. Laut Reuters vorliegenden Konzernunterlagen sollen es 2023 eine Milliarde Euro vor Zinsen und Steuern (Ebit) sein. 2022 im Logistik-Boom waren es noch 1,8 Milliarden Euro. Den Papieren zufolge rechnet die Bahn 2024 ebenfalls mit gut einer Milliarde Euro.
In der Finanzbranche wurde Schenker zeitweise mit einem Wert von um die 15 Milliarden Euro taxiert. Neben dem schwächeren Geschäft dürften den Verkaufswert auch die seit 2022 gestiegenen Zinsen drücken. Gerade für reine Finanzinvestoren verteuert sich so der Kauf. Interesse haben laut Branchenkennern jedoch auch Wettbewerber wie etwa die dänische DSV, die Reederei Maersk oder auch der Dax-Konzern DHL (Deutsche Post). Mit einem Abschluss des Verkaufsprozesse wird in Bahnkreisen kaum vor 2025 gerechnet.
Obwohl das Geschäft nicht mehr wie im vergangenen Jahr läuft, gilt Schenker als ein attraktiver Verkaufskandidat. Das Unternehmen gehört im weltweit zersplitterten Logistikmarkt in den Geschäftsfelder Landverkehr, See- sowie Luftfracht zu den vier größten der Welt. Schenker hat über 75.000 Mitarbeiter an mehr als 1800 Standorten in über 130 Ländern.
(Bericht von: Markus Wacket, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)