London (Reuters) - Die Inflation in Großbritannien geht stärker als erwartet zurück und lässt Investoren eine Zinswende in der ersten Hälfte des kommenden Jahres erwarten.
Die Teuerungsrate fiel im November merklich auf 3,9 Prozent, nach 4,6 Prozent im Oktober, wie das Statistikamt ONS am Mittwoch in London mitteilte. Insbesondere die Preisentwicklung im Verkehrssektor und bei Kraftstoffen trug dazu bei, dass die Teuerungsrate auf das niedrigste Niveau seit September 2021 sank. Von Reuters befragte Volkswirte hatten lediglich mit einem Rückgang auf 4,4 Prozent gerechnet. Auch wenn das Inflationsziel der Notenbank von 2,0 Prozent noch bei weitem nicht erreicht ist, steigen die Wetten auf Zinssenkungen.
An den Terminmärkten wird nunmehr für Mai fest mit einem Lockerungsschritt gerechnet. Insgesamt könnte das Zinsniveau im Laufe des kommenden Jahres demnach um mehr als 1,35 Prozentpunkte sinken. Die Bank of England (BoE) hatte den geldpolitischen Schlüsselsatz zuletzt bei 5,25 Prozent belassen. Die Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses (MPC) hatten nach 14 Zinsschritten in Folge im September die Füße erstmals stillgehalten und auch im November pausiert. BoE-Chef Andrew Bailey hatte betont, die straffe Linie bei der Bekämpfung der Inflation zeige zwar Wirkung. Für Spekulationen über Zinssenkungen sei es aber noch zu früh.
PFUND FÄLLT
Das Pfund fiel nach den überraschend niedrig ausgefallenen Inflationsdaten zum Dollar. Und die Renditen britischer Staatsanleihen sanken deutlich. Finanzminister Jeremy Hunt sieht die Notenbank trotz des stärker als erwartet nachlassenden Preisdrucks noch nicht am Ziel: "Es liegt noch ein Weg vor uns. Die Inflation sinkt nie geradlinig", sagte der konservative Politiker vor der Presse. "Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Gesamtinflation im ersten Quartal 2025 auf zwei Prozent zurückkehren wird", schreiben die Volkswirte von UniCredit. Der britische Premierminister Rishi Sunak, dem 2024 Wahlen ins Haus stehen, hat die Halbierung der Inflation im Jahr 2023 zu seiner obersten Priorität gemacht und dürfte dieses Ziel auch erreichen.
Auch die sogenannte Kerninflation, bei der die Energie- und Lebensmittelpreise außen vor bleiben, ging im November auf der Insel stärker als erwartet zurück - und zwar auf eine Jahresrate von 5,1 Prozent nach 5,7 Prozent im Oktober. Und die Inflationsrate im Dienstleistungssektor ? die die BoE als Maß für die im Inland erzeugte Teuerung besonders stark beachtet ? sank auf 6,3 von 6,6 Prozent im Vormonat.
(Bericht von David Milliken und Andy Bruce, Muvija M, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)