Kairo/Gaza (Reuters) - In die Bemühungen um eine neue Waffenruhe im Krieg zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas kommt offenbar Bewegung.
Hamas-Chef Ismail Hanijeh reiste am Mittwoch nach Ägypten, das als einer der Vermittler zwischen den Konfliktparteien auftritt. Ein Insider sagte, es liefen Gespräche, bei denen es um eine mögliche Feuerpause gehe sowie einen weiteren Austausch von Geiseln gegen palästinensische Gefangene. Die Gespräche seien intensiv, ein Durchbruch sei binnen Tagen möglich.
Normalerweise hält sich Hanijeh in Katar auf, das ebenfalls eine Vermittlerrolle hat. Zuletzt war er Anfang November in Ägypten. Anschließend wurde die bislang einzige Vereinbarung für eine zeitlich begrenzte Feuerpause verkündet. Eine Woche lang schwiegen die Waffen weitgehend, während dringend benötigte Hilfsgüter in den Gazastreifen gebracht wurden und die Hamas mehr als 100 der etwa 240 Geiseln freiließ, die sie bei ihrem Massaker im Süden Israels am 7. Oktober genommen hatte. Im Gegenzug entließ Israel zahlreiche palästinensische Gefängnisinsassen.
Als die Waffenruhe Anfang Dezember jedoch nicht mehr verlängert wurde, nahmen beide Seiten die Kampfhandlungen wieder auf. Israel weitete seinen Militäreinsatz insbesondere auch auf den Süden des Gazastreifens aus, nachdem es zuvor die Zivilbevölkerung noch angewiesen hatte, sich dorthin in Sicherheit zu bringen. Die humanitäre Lage verschlechterte sich dadurch noch mehr und die Zahl der getöteten Palästinenser stieg nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Behörden im Gazastreifen auf mittlerweile fast 20.000.
Israel geriet deshalb auch von Seiten seiner Verbündeten zunehmend unter Druck, einer erneuten Waffenruhe zuzustimmen. Innenpolitisch wurden die Forderungen an die Regierung ebenfalls immer lauter, eine neue Vereinbarung zur Freilassung weiterer Geiseln zu erzielen, besonders nachdem bekanntwurde, dass israelische Soldaten drei Geiseln versehentlich getötet hatten. Israel geht davon aus, dass sich noch 129 Geiseln im Gazastreifen befinden. Es wird aber vermutet, dass 21 von ihnen in Gefangenschaft gestorben sein könnten.
INSIDER: NOCH OFFENE FRAGEN BEI GESPRÄCHEN
Nach Darstellung der Person, die in die derzeit laufenden Gespräche eingeweihte ist, diskutieren die Unterhändler, welche Geiseln gegen welche Gefangenen als nächstes ausgetauscht werden sollen. Israel bestehe darauf, dass die Hamas alle verbliebenen Frauen und "gebrechlichen Männer" freilässt. Im Gegenzug könnten Palästinenser, die wegen schwerer Straftaten verurteilt wurden, auf der Liste der zu entlassenden Gefangenen landen.
Ein hochrangiger Vertreter Israels bekräftigte die Haltung der Regierung, wonach der Krieg nur mit der Freilassung aller Geiseln und der Vernichtung der Hamas enden könne. Ein Vertreter der palästinensischen Seite machte wiederum klar, dass auch die Hamas an ihrem Standpunkt festhalte. Eine "humanitäre Pause", also eine erneute zeitlich begrenzte Waffenruhe, komme für sie nicht infrage. "Die Hamas will ein vollständiges Ende des israelischen Krieges gegen Gaza." Hanijeh begrüße die Bemühungen Ägyptens. Er sei in Kairo, um sich anzuhören, ob Israel neue Vorschläge gemacht habe oder ob Kairo welche habe. "Es ist noch früh, um über Erwartungen zu sprechen."
(Bericht von Nidal al-Mughrabi und Bassam Masoud, geschrieben von Christian Rüttger; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)