Istanbul (Reuters) - Kurz vor der Jahreswende treibt die türkische Zentralbank den Leitzins im Kampf gegen die ausufernde Inflation nochmals in die Höhe.
Die Währungshüter hoben den Schlüsselsatz auf 42,50 Prozent von 40,0 Prozent an, wie die Notenbank am Donnerstag mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten damit gerechnet. Es ist bereits der siebte Zinsschritt, seit die neue Zentralbankchefin Hafize Gaye Erkan im Juni das Ruder übernahm und die Geldpolitik auf einen straffen Kurs ausrichtete. Die Notenbank hatte das Zinsniveau dabei zuletzt dreimal in Folge um jeweils fünf Prozentpunkte nach oben geschleust.
Nun drosselte sie das Tempo ein wenig und signalisierte, dass sie die Zinserhöhungsphase so schnell wie möglich abschließen möchte. Das geldpolitische Niveau sei bereits deutlich an die Ebene herangerückt, die notwendig sei, um für einen Rückgang der Inflationsraten zu sorgen. Die Landeswährung Lira legte zum Dollar nach dem Zinsentscheid zu.
Die Zentralbank will mit der straffen Linie die galoppierende Inflation zügeln: Die Teuerungsrate war vorigen Monat auf fast 62 Prozent gestiegen und wird nach Prognosen der Notenbank bis Mai auf 70 bis 75 Prozent ansteigen. Ende nächsten Jahres dürfte die Rate demnach auf rund 36 Prozent zurückgehen. Das Inflationsproblem gilt Kritikern als teilweise hausgemacht: Erst nach seiner Wiederwahl hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan die ehemalige Wall-Street-Bankerin Erkan zur Zentralbankchefin ernannt und mit dieser Personalie den Weg für einen Schwenk in der geldpolitischen Ausrichtung der Notenbank freigemacht.
NOTENBANKCHEFIN WILL INVESTOREN ZURÜCKHOLEN
Zuvor hatte diese einen unorthodoxen Kurs gefahren, der den Wünschen des einflussreichen Staatschefs Erdogan entsprach. Dieser ist ein erklärter Zinsgegner. Entsprechend hatte die Zentralbank trotz der extrem hohen Teuerung die Zinsen mehrfach gesenkt, anstatt sie entsprechend der gängigen ökonomischen Lehre zur Bekämpfung des Preisauftriebs anzuheben. Als Folge wertete die Landeswährung Lira drastisch ab, was wiederum das Inflationsproblem verschärfte und dazu führte, dass ausländische Investoren Kapital aus dem Schwellenland abzogen.
Notenbankchefin Erkan will diese nun zurückgewinnen. Sie plant für den 11. Januar in New York Vorträge für ausländische Investoren über Geldpolitik, Inflation und türkische Vermögenswerte. Flankiert wird die Werbetour von Auftritten von Finanzminister Mehmet Simsek.
(Bericht von Jonathan Spicer, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Rene Wagner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)