Reuters

Preise im Euroraum ziehen wieder an - Inflation steigt auf 2,9 Prozent

05.01.2024
um 12:22 Uhr

- von Frank Siebelt und Reinhard Becker

Frankfurt (Reuters) - Die Inflation in der Euro-Zone ist wieder auf dem Vormarsch.

Allerdings fiel der Anstieg zum Jahresende weniger stark aus, als von Volkswirten erwartet worden war. Die Verbraucherpreise legten im Dezember um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Im November hatte die Teuerung noch bei 2,4 Prozent gelegen. Damit hat sich die Inflation nach sieben Monaten mit Rückgängen erstmals wieder verstärkt. Ökonomen hatten mit einem Plus von 3,0 Prozent gerechnet. Zu dem Anstieg trug auch ein statistischer Effekt bei. Im Dezember 2022 waren die Gaspreise für die Verbraucher in Deutschland noch kräftig gesunken, da der Staat die Kosten für den Abschlag übernommen hatte. In den Zahlen zu Deutschland wurde dieser Effekt besonders deutlich.

"Bei 2,9 Prozent zeigt sich, die Inflation weiter ernst zu nehmen", kommentierte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank die Zahlen. "Da neue Preisüberwälzungen drohen, steht ein Inflationsrückgang mit viel Tamtam nicht bevor." Auch für Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ist es mit Blick auf die steigenden Löhne noch nicht an der Zeit, den Sieg über die Inflation zu verkünden. "Für eine Entwarnung an der Inflationsfront ist es zu früh. Die EZB sollte nicht dem Druck der Märkte nachgeben, die eine erste Zinssenkung bereits für April erwarten," merkte er an.

Das mittelfristige Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) einer allgemeinen Teuerungsrate von 2,0 Prozent ist mit den neuen Daten wieder etwas in die Ferne gerückt. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte bereits vorausgesagt, dass die Inflation zunächst wieder zulegen werde. Die Kerninflation, in der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise sowie Alkohol und Tabak ausgeklammert bleiben, ging im Dezember allerdings auf 3,4 Prozent zurück von 3,6 Prozent im November. Die EZB achtet genau auf dieses Maß, da es zugrundeliegende Inflationstrends gut anzeigt.

MÄRKTE ERWARTEN SCHNELLE ZINSSENKUNGEN

An der Börse hatte es zuletzt Spekulationen gegeben, dass die EZB nach zehn Zinserhöhungen seit Sommer 2022 bereits im März oder im April erstmals wieder die Sätze senken könnte. Mehrere Währungshüter hatten versucht, diesen Zinssenkungsfantasien den Wind aus den Segeln zu nehmen. EZB-Vize Luis de Guindos hatte noch kurz vor Weihnachten in einem Zeitungsinterview gesagt, es sei noch zu früh, um über eine Senkung der Zinsen zu sprechen. Die Euro-Wächter verweisen unter anderem darauf, dass wichtige Lohnverhandlungen in den Ländern erst im laufenden ersten Quartal abgeschlossen werden. Daher sei es erst zur Jahresmitte möglich, ein genaueres Bild der Inflationsentwicklung zu bekommen. Aktuell wird am Geldmarkt aber weiterhin erwartet, dass der Einlagensatz bis zum Jahresende auf 2,5 Prozent sinken wird. Gegenwärtig liegt der Satz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, bei 4,00 Prozent.

Die Energiepreise gingen im Dezember gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,7 Prozent zurück. Im November waren sie noch deutlich stärker um 11,5 Prozent gesunken. Die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak zogen um 6,1 Prozent an, nach einem Anstieg von 6,9 Prozent im November. Industriegüter ohne Energie verteuerten sich um 2,5 nach zuvor 2,9 Prozent. Die Preise für Dienstleistungen stiegen wie schon im November um 4,0 Prozent. Nur bei unverarbeiteten Lebensmitteln nahm die Teuerung zu: Deren Preisen erhöhten sich um 6,7 Prozent nach 6,3 Prozent im November.

In Deutschland, der größten Volkswirtschaft im Euroraum legte die Teuerung im Dezember aufgrund des statistischen Effekts kräftig auf 3,8 von zuvor 2,3 Prozent im November zu. Aber auch in Frankreich, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone, erhöhte sich die Jahresteuerungsrate auf 4,1 Prozent nach 3,9 Prozent im November.

(Bericht von Frank Siebelt,; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)