- von Ryan Woo
Peking (Reuters) - Die Malediven suchen einen neuen Partner - und haben ihn gefunden: Statt dem nördlichen, traditionellen Nachbarn Indien wendet sich das für sein türkisfarbenes Wasser und seine weißen Strände berühmte Inselparadies dem weiter entfernten China zu.
Präsident Mohamed Muizzu ist am Dienstag zu seinem einwöchigen China-Besuch in der Hafenstadt Fuzhou eingetroffen. Dort wirbt das nur gut eine halbe Million Einwohner zählende Land auf einem Investitionsforum um Geld aus der Volksrepublik. Später wollen Muizzu und seine Delegation den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Ministerpräsident Li Qiang in Peking treffen. Eine ganze Reihe von Abkommen sollen dabei unterzeichnet werden - von der Infrastruktur bis zum Tourismus. "Invest Maldives", wird um auf dem Investitionsforum in Fuzhou um Geldgeber geworben.
Muizzu hat erst im vergangenen November das Präsidentenamt übernommen. Sein erfolgreicher Wahlkampf lief unter der Slogan "Indien raus". Den traditionell große Einfluss Neu-Delhis stellte er als Bedrohung für die Souveränität des Inselstaats dar. Seine Regierung hat seitdem Dutzende von indischen Militärangehörigen aufgefordert, das Land zu verlassen. Und als offensichtliche Brüskierung Indiens hält sich Muizzu diese Woche in China auf - noch bevor er dem inzwischen einwohnerstärksten Land der Welt einen Besuch abstatten will.
In Fuzhou, der Startpunkt von Chinas maritimer "Seidenstraße", bezeichnet Muizzu seinen Gastgeber als einen der "engsten Verbündeten und Entwicklungspartner". Zugleich kündigt er an, den Export von Fischereierzeugnissen zu steigern. Ein Freihandelsabkommen soll dabei helfen. Die Fischereiwirtschaft ist der größte der Arbeitgeber auf den Malediven, deren Staatsgebiet zu 99 Prozent aus Meer besteht. Mengen- und wertmäßig machen Fische und Meeresfrüchte mehr als 99 Prozent der Exporte aus.
Auch China ist nicht untätig. Das Land hat bereits eine eigene Präsenz auf den Malediven aufgebaut. Im Rahmen von Xis Initiative "Neue Seidenstraße", die auf den Aufbau eines globalen Handels- und Infrastrukturnetzes abzielt, unterstützt China etwa den Ausbau des internationalen Flughafens Velana. Muizzu hat bereits sein Interesse bekunden, die Partnerschaft zu vertiefen - einschließlich des Ausbaus des zentralen Flughafens und des Handelshafens.
Chinesische Firmen haben seit der Entscheidung der Malediven im Jahr 2014, sich dem Mega-Projekt Seidenstraße anzuschließen, knapp 1,4 Milliarden Dollar im Land investiert, wie Daten des American Enterprise Institute zeigen. Im vergangenen Jahr etwa steckte die China National Machinery Industry Corporation 140 Millionen Dollar in die Tourismusbranche der Malediven, die mehr als ein Viertel der Wirtschaftskraft ausmacht. 2019 stellten chinesische Touristen ein Fünftel der ausländischen Besucher. Sie waren damit die größte Touristengruppe, fielen aber wegen der Corona-Pandemie zuletzt auf den dritten Platz zurück.
Die Malediven sind auch ein beliebtes Reiseziel für Inder. Deren Präsenz ist in den drei Corona-Jahren, in denen Chinas strenge Pandemie-Auflagen die eigenen Touristen fernhielten, noch deutlicher geworden ist. Dass die Beziehungen nun belastet sind, zeigt ein Blick in soziale Medien. Dort laden unter dem Hashtag #ExploreIndianIslands einige Inder Screenshots von stornierten Malediven-Urlaubsbuchungen hoch. Der indische Ministerpräsident Narendra Modi schnorchelte vorige Woche auf Lakshadweep, einem Archipel von Atollen und Riffen vor der Küste des Bundesstaats Kerala. Das wird von Beobachtern als Versuch gewertet, Touristen von den nahe gelegenen maledivischen Inseln wegzulocken.
(geschrieben von Rene Wagner; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)