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DIW - Bauvolumen sinkt in diesem Jahr erstmals seit Finanzkrise

10.01.2024
um 08:42 Uhr

Berlin (Reuters) - Die Ausgaben für Bauleistungen in Deutschland werden einer Studie zufolge in diesem Jahr erstmals seit dem Finanzkrisenjahr 2009 sinken.

Prognostiziert wird ein Minus von 3,5 Prozent auf rund 546 Milliarden Euro, heißt es in der Reuters am Mittwoch vorliegenden Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Der Wohnungsbau dürfte dabei sogar um 5,4 Prozent schrumpfen. Etwas abgefedert wird der Abwärtstrend durch den Tiefbau, zu dem der staatlich dominierte Straßenbau zählt: Er soll um 1,8 Prozent wachsen. Im vergangenen Jahr war das Bauvolumen insgesamt um 6,1 Prozent gewachsen, überzeichnet allerdings durch starke Preisanstiege. Inflationsbereinigt gab es dagegen mit 1,1 Prozent den dritten realen Rückgang in Folge, der 2024 mit minus 1,5 Prozent noch etwas größer ausfallen soll.

"Der Einbruch in der Bauwirtschaft zieht sich länger hin als erwartet", sagte Studienautorin Laura Pagenhardt. "Erst im kommenden Jahr wird wohl bei weiter sinkenden Baupreisen wieder ein kleines Plus erwirtschaftet." Dann erwartet das DIW eine Zunahme um 0,5 Prozent. Aber auch dann dürfte der Wohnungsneubau noch hinterherhinken. "Der Wohnungsbau hat drei schwierige Jahre hinter sich und es wird noch ein weiteres schweres folgen", prophezeite Studienautor Martin Gornig. Das Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, rücke noch weiter in die Ferne. 2024 dürften es nur etwa 265.000 werden.

Grund für die schlechte Lage sind neben dem enormen Anstieg der Baupreise auch die Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB), die innerhalb kürzester Zeit auf die Zinsen für Wohnbaukredite durchschlugen. Die Finanzierungsbedingungen sind insbesondere für viele private Haushalte derzeit kaum zu stemmen. Die Folge: Neubauprojekte werden eingeschränkt, storniert oder gar nicht erst in Angriff genommen werden. "Für einen leichten Hoffnungsschimmer sorgen immerhin die Auftragseingänge, die sich aktuell stabilisieren", sagte Gornig.

"VERUNSICHERRUNG BESEITIGEN"

Frei werdende Kapazitäten im Wohnungsneubau sollten in der energetischen Sanierung von privaten und öffentlichen Gebäuden genutzt werden, schlägt das DIW vor. Die Politik sollte die Umstrukturierung aktiv mit Kurzarbeitergeld und Ausbildungsförderung unterstützen, um die schwierigen Zeiten für die Unternehmen zu überbrücken. Gleichzeitig gelte es aber, das Ziel, neue Wohnungen zu bauen, nicht aus den Augen zu verlieren.

Zudem müsse die Politik Klarheit über die Förderprogramme schaffen. "Hier muss die Verunsicherung schnellstmöglich beseitigt werden", fordert Pagenhardt. Dazu zählen die Förderprogramme in der energieeffizienten Gebäudesanierung ebenso wie im Tiefbau, aber auch im Wohnungsneubau. "Wenn hier die Förderung wieder klarer wird, dürfte das auch helfen, dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken", sagte die DIW-Expertin.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)