Frankfurt (Reuters) - Das Abrutschen der deutschen Wirtschaft in die Rezession und die Furcht vor länger anhaltenden hohen Zinsen setzen Europas Börsen zu.
Der Dax und der EuroStoxx50 gaben am Montag jeweils ein halbes Prozent auf 16.625 beziehungsweise 4454 Punkte nach. "Wir haben diese Diskrepanz zwischen den Markterwartungen und den Plänen der Zentralbanken", sagte Daniela Hathorn, Marktanalystin bei Capital.com. Die Anpassung der Erwartungen, dass Zinssenkungen zwar unweigerlich kommen werden, aber nicht so schnell wie erwartet, belaste Aktien.
Anleger verdauten Äußerungen von EZB-Chefökonom Philip Lane, der am Wochenende gesagt hatte, eine zu schnelle Zinssenkung könne eine neue Inflationswelle auslösen. Am Anleihemarkt zogen die Renditen für zehnjährige Bundesanleihen auf bis zu 2,218 Prozent an von zuvor 2,144 Prozent. Anleger gehen davon aus, dass die EZB dieses Jahr mehrmals die Zinsen senken wird. Der erste Schritt nach unten wird bereits im März oder im April erwartet. Dies steht im Gegensatz zu Äußerungen einer Reihe von EZB-Währungshütern.
Sorge bereitete auch, dass die deutsche Wirtschaft 2023 um 0,3 Prozent geschrumpft ist. "Diese Zahl tut weh", sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. "An sich wäre in Anbetracht hoher Inflation, massiv gestiegener Zinsen und einem schwachen weltwirtschaftlichen Umfeld gegen eine schrumpfende Volkswirtschaft nichts einzuwenden, doch der Blick auf das internationale Umfeld zeigt, dass es durchaus auch besser geht."
Impulse aus den USA fehlten zum Wochenanfang: Die US-Börsen blieben wegen des Martin-Luther-King-Tags geschlossen.
ÖLPREIS ERNEUT UNTER DRUCK - BITCOIN AUCH
Am Rohölmarkt gaben die Preise um mehr als ein Prozent nach. Die Nordsee-Sorte Brent und die US-Sorte WTI verbilligten sich auf bis zu 77,23 beziehungsweise 71,59 Dollar pro Barrel (159 Liter). Investoren versuchten, die möglichen Auswirkungen des Kriegs in Nahost auf die Ölversorgung einzuschätzen. Nachdem die USA und Großbritannien die Huthi-Rebellen im Jemen zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer vergangene Woche angegriffen hatten, legten die Rohölpreise zu. "Im Moment sehen wir noch keinen Einfluss auf die Versorgung", sagte Warren Patterson, Rohstoff-Experte bei der niederländischen Bank ING. "Und ich gehe davon aus, dass wir dafür eine wesentliche Eskalation des Konflikts sehen müssten."
Der Bitcoin setzte seine Talfahrt fort und notierte in der Spitze um vier Prozent tiefer bei 41.690 Dollar. "Damit entpuppt sich der Höhenflug nach der Zulassung der ersten Spot-ETFs in den USA offensichtlich als ein Strohfeuer", sagte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research. Noch am Donnerstag lag der Preis für einen Bitcoin bei über 49.000 Dollar und damit auf dem höchsten Stand seit Dezember 2021.
BERICHT ZU ÜBERNAHME-SPEKULATIONEN STÜTZT COMMERZBANK
Bei den Einzelwerten standen Geldhäuser im Fokus. Fünf Jahre nachdem die Deutsche Bank und die Commerzbank einen Fusionsversuch abgebrochen hatten, haben unsichere Aussichten für die Rentabilität der Banken und Deutschlands Notwendigkeit, ein Loch in seinem Haushalt zu stopfen, die Spekulationen über einen möglichen Deal neu entfacht. Aktien der Commerzbank kletterten in der Spitze um 2,5 Prozent, nachdem die Agentur Bloomberg am Freitag berichtet hatte, die Deutsche Bank habe kürzlich die internen Diskussionen über Deals intensiviert, darunter mögliche Käufe von Banken wie Commerzbank und ABN Amro. Die Titel der niederländischen Rivalin zogen in Amsterdam um bis zu 2,8 Prozent an. Dagegen gaben die Anteilsscheine der Deutschen Bank um rund ein Prozent nach.
Schwache Auslieferungszahlen und eine Herabstufung setzten unterdessen Dassault Aviation zu. Die Papiere des französischen Flugzeugbauers rutschten um rund sechs Prozent ab, nachdem die Flugzeugauslieferungen im vergangenen Jahr unter den selbst gesteckten Zielen blieben. Der europäische Industriewerteindex gab knapp ein Prozent nach.
(Bericht von Stefanie Geiger und Zuzanna Szymanska, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)