Berlin (Reuters) - Die Pleite der österreichischen Signa-Gruppe könnte die ohnehin schwierige Lage des klassischen Einzelhandels in Deutschland laut Creditreform verschärfen.
Denn der insolvenzbedingte Rückzug des Großinvestors René Benko aus Einzelhandels-Großprojekten mit "Flaggschiff-Charakter" dürfte gravierende Folgen haben, erklärte die Wirtschaftsauskunftei am Mittwoch in einem Branchenbericht. "Da viele Projekte des Immobilienentwicklers Mixed-Use-Konzepte vorsahen, gehen den betroffenen Innenstädten und Stadtquartieren nun nicht nur Verkaufsflächen verloren, sondern auch Gastronomie-Angebote und andere belebende Elemente." Überdies drohten die Immobilien zu Bauruinen zu werden.
Die Corona-Pandemie und die allgemeine Kaufzurückhaltung hätten den Attraktivitätsverlust der Innenstädte als klassischen Standorteetwa von Bekleidungsgeschäften beschleunigt, erklärte Creditreform. Allerdings sei der Besucherstrom in stationären deutschen Einzelhandelsgeschäften bereits zwischen 2008 und 2014 um fast ein Drittel zurückgegangen. "Die Abnahme der Kundenzahlen läuft parallel zur steigenden Bedeutung des E-Commerce."
Zuletzt hatten viele Insolvenzen von bekannten Unternehmen vor allem im Modehandel für Schlagzeilen gesorgt: Peek & Cloppenburg, Gerry Weber, Reno, Peter Hahn, Salamander, Görtz oder Signa Sports United. Die allgemeine Wirtschaftslage war im Herbst 2023 laut Creditreform Geschäftsklimaindex so kritisch wie seit dem Höhepunkt der Corona-Krise nicht mehr. Rezession, Inflation und damit Kaufzurückhaltung der Kundschaft hätten der Branche zugesetzt. Viele klassische Ladengeschäfte hinken demnach immer noch hinterher, wenn es darum geht, den Onlinevertrieb auszuweiten.
Zudem fällt es etwa Textil- und Schuhhändlern schwer, den eigenen Laden oder das Geschäftsmodell zu ändern - in einer Zeit, in der die Umsätze oft nicht ausreichen, um höhere Kosten bei Energie, Personal oder Mieten auszugleichen. Wichtige Ausgaben für die Gestaltung von Läden, für Digitalisierung oder Nachhaltigkeit müssten vor allem kleinere Händler oft auf unbestimmte Zeit verschieben, sagte Creditreform-Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch. "Dabei wären gerade jetzt Investitionen nötig, um sich für die Zukunft fit zu machen."
(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Myria Mildenberger; - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)