Berlin (Reuters) - Die oppositionelle Unions-Bundestagsfraktion ist am Mittwochabend im Bundestag erwartungsgemäß mit einem Entschließungsantrag gescheitert, der die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gefordert hatte.
Nur 176 Abgeordnete der Union und je einer der AfD und ein fraktionsloser Parlamentarier stimmten am Mittwochabend für den Antrag. Die SPD und die Grünen votierten geschlossen dagegen, bei der FDP gab es außer den Nein-Stimmen auch zwei Enthaltungen. Die AfD und die Abgeordneten der früheren Linken lehnten den Entschließungsantrag ebenfalls mit großer Mehrheit ab, so dass es am Ende 485 Nein-Stimmen gab. Auch der CDU-Parlamentarier Mario Czaja und der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich lehnten den Antrag ab.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte eine namentliche Abstimmung über den Antrag beantragt, der die Regierung auffordert, "endlich und unverzüglich der Ukraine einsatzbereite Taurus-Marschflugkörper der Bundeswehr in größtmöglichem Umfang bereitzustellen und unmittelbar nachzubeschaffen." Die namentliche Abstimmung im Bundestag ist normalerweise ein Mittel, das Oppositionsparteien einsetzen, um eine Regierungskoalition unter Druck zu setzen, wenn es dort unterschiedliche Positionen gibt. Denn vor allem Grüne- und FDP-Abgeordnete fordern Kanzler Olaf Scholz seit längerem auf, der Ukraine die Marschflugkörper zu schicken.
Schon vor der Abstimmung hatten allerdings etliche Grünen- und FDP-Abgeordnete deutlich gemacht, dass sie zwar für eine Lieferung sind, den Unionsantrag aber dennoch ablehnen. "Das Abstimmungsergebnis zeigt, dass es der Ampel wichtiger ist, den Koalitions-Frieden zu wahren als für die eigene Überzeugung einzustehen, das kratzt an der Glaubwürdigkeit", sagte der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter am Abend. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hatte der Union dagegen "despektierliches" Verhalten vorgeworfen, weil sie den Antrag mit der Debatte über den Bericht der Wehrbeauftragten verknüpft hatte.
Der Kanzler hat die Lieferung der Marschflugkörper mit großer Reichweite bisher abgelehnt und unter anderem auf eine nötige Abstimmung mit der US-Regierung verwiesen. Allerdings habe Taurus auch bei einem Telefonat von Scholz mit US-Präsident Joe Biden am Dienstag keine Rolle gespielt, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Bundesregierung verweist darauf, dass Deutschland mittlerweile hinter den USA auch so der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine sei. Diese benötigt derzeit vor allem Munition und Luftabwehr-Kapazitäten.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)