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Europas Anleger treten vor EZB-Zinsentscheid auf die Bremse

23.01.2024
um 15:52 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Zwei Tage vor dem EZB-Zinsentscheid und inmitten einer Welle von Firmenbilanzen haben Europas Anleger am Dienstag die Köpfe eingezogen.

Der Dax verlor am Nachmittag 0,2 Prozent auf 16.646 Punkte. Der EuroStoxx50 gab 0,4 Prozent auf 4461 Zähler nach. Auch an den US-Börsen schien die Luft nach der jüngsten Tech-Rally erst einmal raus zu sein: Die Futures zeigten eine leicht schwächere Eröffnung an.

Experten gehen davon aus, dass EZB-Präsidentin Christine Lagarde versuchen wird, die an den Börsen weit verbreiteten Erwartungen baldiger geldpolitischer Lockerungen zu dämpfen. "Diejenigen, die bei der Sitzung am Donnerstag eine Kehrtwende in der Zinspolitik der EZB erwarten, dürften wahrscheinlich enttäuscht werden. Nach der jüngsten aggressiven Rhetorik und den Hinweisen von Präsidentin Lagarde in Davos auf die Möglichkeit einer Zinssenkung in diesem Sommer wird die EZB unserer Meinung nach diese Woche an ihrem Kurs festhalten und die Zinsen ab Juni um 25 oder sogar 50 Basispunkte senken, ganz im Einklang mit der Fed", sagte Claudia Fontanive-Wyss, Portfoliomanagerin bei Vontobel.

AUSSICHT AUF CHINA-STIMULUS TREIBT KUPFERPREISE

Aufsehen erregte an den Märkten auch ein Rettungspaket für die unter Druck geratenen chinesischen Börsen. Einem Bericht der Agentur Bloomberg zufolge erwägen politische Entscheidungsträger, etwa zwei Billionen Yuan (255 Milliarden Euro) zu mobilisieren, um den Aktienmarkt weiter zu stützen. Die Sorge um die chinesische Wirtschaft und vor allem den kriselnden Immobilienmarkt hat in den vergangenen Jahren zu einem Rückzug ausländischer Investoren geführt.

Die Aussicht auf Finanzspritzen für den Top-Rohstoffkonsument China trieb die Preise für Industriemetalle und Eisenerz an. Eine Tonne Kupfer verteuerte sich um bis zu 0,9 Prozent auf 8420 Dollar. Der Zinnpreis zog um 2,3 Prozent an. Das half Aktien aus dem Bergbausektor nach oben. Der europäische Branchenindex zog um rund 1,6 Prozent an.

Am Ölmarkt ging es mit den Preisen rund ein Prozent nach unten. Die Nordsee-Sorte Brent notierte bei 79,14 Dollar je Fass, US-Leichtöl WTI bei 73,73 Dollar je Fass. Händler verwiesen auf ein steigendes Angebot aus Libyen und Norwegen auf dem Weltmarkt.

VW SCHÜRT OPTIMISMUS - SWATCH ENTTÄUSCHT

Am deutschen Aktienmarkt sprangen Volkswagen mit einem Plus von fünfeinhalb Prozent an die Dax-Spitze. Die Wolfsburger machte Marktteilnehmern zufolge Analysten in einer Telefonkonferenz Hoffnung auf gute Geschäfte. So habe VW nach eigenen Aussagen im Schlussquartal 2023 von einem höheren Absatz profitiert, schrieb Stifel-Experte Daniel Schwarz. Auch für 2024 sei das Unternehmen recht zuversichtlich gewesen.

Enttäuschung herrschte hingegen bei Anlegern des Schweizer Uhrenriesen Swatch. Die Papiere brachen in Zürich um vier Prozent ein, nachdem 2023 weniger verdient wurde als von Analysten erwartet. Bernstein-Analyst Luca Solca sieht die nachlassende Kauffreude vor allem bei Marken, die in ihrem Segment nicht als absolute Spitze wahrgenommen würden. So liege etwa die Swatch-Marke Omega hinter dem Rivalen Rolex. Auch die vorgeschlagene Dividendenerhöhung blieb hinter den Erwartungen der Anleger zurück.

(Bericht von Anika Ross, Stefanie Geiger, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)