Reuters

Gegenseitige Anschuldigungen von Kiew und Moskau nach Absturz von Flugzeug

25.01.2024
um 07:57 Uhr

Moskau/Kiew (Reuters) - Nach dem Absturz eines russischen Flugzeugs haben sich die Regierungen in Moskau und Kiew am Mittwoch gegenseitig mit Vorwürfen überzogen.

Dem russischen Außenministerium zufolge schoss die Ukraine eine Transportmaschine des Militärs mit ukrainischen Kriegsgefangenen ab, die Teil eines Tausches sein sollten. Alle 74 Menschen an Bord seien bei dem Absturz in der Grenzregion Belgorod ums Leben gekommen. Es handele sich um einen "barbarischen Terrorakt". Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verlangte am Abend eine vollständige Aufklärung des Vorfalls. Er warf der Regierung in Moskau in seiner abendlichen Videoansprache vor, "mit dem Leben der ukrainischen Kriegsgefangenen zu spielen".

Einem Bericht des Senders RBK Ukraine zufolge sagte Selenskyj eine geplante Reise und Veranstaltungen zu seinem Geburtstag wegen des Vorfalls ab. Der ukrainische Militärgeheimdienst hatte auf Telegram erklärt, es gebe keine verlässlichen Informationen über die Passagiere. Die Ukraine sei im Gegensatz zu früheren Austauschen auch nicht gebeten worden, den Luftraum zu sichern. Möglicherweise handele es sich um eine geplante Aktion.

Im Kurznachrichtendienst Telegram lief auf einem Kanal, der mit den russischen Sicherheitsdiensten in Verbindung gebracht wird, ein Video des Absturzes. In den von der Nachrichtenagentur Reuters verifizierten Aufnahmen ist zu sehen, wie ein großes Flugzeug in der Nähe des Dorfs Jablonowo vom Himmel fällt und in einem großen Feuerball explosionsartig aufgeht. In russischen Staatsmedien wurde eine Liste mit Namen von Passagieren veröffentlicht, bei der es sich um 65 ukrainische Soldaten handeln sollte. Zudem sollen sechs Besatzungsmitglieder und drei Wachleute in der Maschine vom Typ Iljuschin Il-76 gewesen sein.

DUMA-CHEF: DEUTSCHE ABGEORDNETE SOLLEN DIE FOLGEN SEHEN

Russische Abgeordnete zogen während einer Debatte über den Absturz auch Verbindungen nach Deutschland. Der Vorsitzende der Duma, Wjatscheslaw Wolodin, kündigte eine Mitteilung an den US-Kongress und den Bundestag an, "damit ihre Abgeordneten endlich klar sehen können, wen sie finanzieren und wem sie helfen". Die Ukraine habe ihre eigenen Soldaten "mit amerikanischen und deutschen Raketen" abgeschossen. Der mit dem russischen Verteidigungsministerium vernetzte Abgeordnete Andrej Kartapolow sagte seinerseits, die Maschine sei von drei Raketen aus US- oder deutscher Herstellung abgeschossen worden.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow erklärte, man habe eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates beantragt. Dann solle die Ukraine erläutern, wie es zu dem Absturz gekommen sei. Es habe sich um einen gezielten kriminellen Akt der Ukraine gehandelt. Eine Stellungnahme des ukrainischen Außenministeriums lag zunächst nicht vor. Der Militärgeheimdienst des Landes hatte auf Telegram weiter erklärt, möglicherweise habe es sich um eine geplante Aktion gehandelt, "um die Situation in der Ukraine zu destabilisieren und die internationale Unterstützung für unseren Staat zu schwächen".

(Reuters Reporter, darunter Yuliia Dysa und Pavel Polityuk; Geschrieben von Christan Rüttger, Kerstin Dörr und Scot W. Stevenson. Redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)