Reuters

EU gibt Ukraine 50 Milliarden Finanzhilfe - Orban lenkt ein

01.02.2024
um 15:57 Uhr

- von Andreas Rinke und Andrew Gray

Brüssel (Reuters) - Die Europäische Union wird die Ukraine bis 2027 mit 50 Milliarden Euro Finanzhilfe unterstützen.

Darauf einigte sich am Donnerstag der EU-Sondergipfel in Brüssel, nachdem Ungarn überraschend schnell seine Vorbehalte aufgegeben hatte. Die Hilfen bestehen aus 33 Milliarden Euro umfassende Kredite und 17 Milliarden Euro an Zuschüssen. Bereits kurz nach Beginn der offiziellen Beratungen verkündete EU-Ratspräsident Charles Michel die Einigung. Zuvor hatte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban seinen Widerstand in einer kleinen Runde mit Kanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aufgegeben, bestätigten mehrere EU-Diplomaten.

Vereinbart wurde, dass die Ukraine-Hilfe nach zwei Jahren überprüft wird - falls die 27 EU-Regierungen allesamt der Meinung sind, dass dies nötig ist. Orban akzeptierte dies als für ihn gesichtswahrende Lösung. Zudem wird betont, dass Ungarn eine faire Behandlung im Streit über die von der EU eingefrorenen Mittel wegen der Verstöße gegen Rechtsstaatlichkeit bekommt. Orban erreichte demnach nicht, dass die Mittel ausgezahlt werden. Dies wird an weitere Reformen gebunden.

Die 26 EU-Regierungen außer Ungarn hatten sich bereits im Dezember grundsätzlich darauf auf die 50-Milliarden-Hilfen geeinigt. Orban, der enge Beziehungen zu Russland unterhält, hatte eine Verankerung im EU-Haushalt bislang dagegen abgelehnt. Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas warnte Orban vor wirtschaftlichen Nachteilen für sein Land, wenn er nicht einlenke. Polens Ministerpräsident Donald Tusk sagte, wenn die EU der Ukraine nicht helfe, würden das alle zu spüren bekommen. "Er muss sich entscheiden, ob er drinnen oder draußen ist", sagte Tusk mit Blick auf Orban.

KEINE ENTSCHEIDUNG ÜBER MEHR MILITÄRHILFE

Auf dem Sondergipfel diskutierten die EU-27 auch über mehr Militärhilfe für die Ukraine. "Das ist etwas, worüber heute nicht zu entscheiden ist, aber die Diskussion muss dringend begonnen werden", hatte Scholz vor dem Gipfel Erwartungen gedämpft. Dies betrifft sowohl bilaterale als auch europäische Hilfe. In dem Abschlussdokument des Gipfels findet sich nun kein Hinweis auf die vorgeschlagene Erhöhung der sogenannten European Peace Facility (EPF) um fünf Milliarden Euro. Aus dem EPF werden neben bilateralen Hilfen auch Waffen- und Munitionslieferungen an die Ukraine finanziert.

Unter anderem Deutschland argumentierte, dass dabei die bilateralen Leistungen angerechnet werden müssten. Sonst müsste die Bundesregierung, die wegen der Größe der Volkswirtschaft etwa ein Viertel der Zahlungen für gemeinsame Aktivitäten in der EU übernimmt, neben der Verdoppelung der bilateralen Militärhilfe für die Ukraine zusätzlich mehr als eine Milliarde Euro nach Brüssel überweisen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU betonten in der Abschlusserklärung die "dringende Notwendigkeit", die Lieferung von Munition und Raketen an die Ukraine zu beschleunigen. Man sei entschlossen, das Land weiterhin "rechtzeitig, vorhersehbar und nachhaltig" militärisch zu unterstützen.

In den vergangenen Wochen hatte der Kanzler mehrfach mehr Engagement anderer EU-Staaten gefordert. Es gebe in der EU leider keinen Überblick darüber, wer eigentlich was liefere. "Aber wir wissen, dass das, was bisher geplant ist an ganz konkreter Waffenhilfe aus den einzelnen Mitgliedstaaten, alles zusammen nicht genug ist." Scholz verwies darauf, dass Deutschland 2024 mehr als sieben Milliarden Euro an Militärhilfe für die Ukraine eingeplant habe. Alle müssten sich jetzt unterhaken, damit die Ukraine sich verteidigen könne.

(Mitarbeit: Krisztina Than, Justyna Pawlak, Sabine Siebold, Piotr Lipinski, Charlotte Van Campenhout; redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)