Jerusalem/Dubai (Reuters) - Israel will seine Militäroffensive gegen die Hamas bis zum südlichen Ende des Gazastreifens am Grenzübergang Rafah vorantreiben, wo mehr als eine Million Palästinenser Zuflucht gesucht haben.
Verteidigungsminister Joaw Gallant kündigte an, dass die Erfolge der Armee im Kampf gegen die militant-islamistische Palästinenser-Gruppe in der südlichen Stadt Chan Junis bedeuteten, dass die Truppen auch nach Rafah an der ägyptischen Grenze vorrücken könnten. "Wir erfüllen unsere Aufgaben in Chan Junis, und wir werden auch Rafah erreichen und Terrorelemente, die uns bedrohen, ausschalten", sagte Gallant am Donnerstagabend. In Rafah halten sich inzwischen mehr als die Hälfte der 2,3 Millionen Einwohner des Küstengebiets auf, meist frierend und hungernd in behelfsmäßigen Zelten oder Notunterkünften in öffentlichen Gebäuden. Über Rafah kommt auch der Großteil der Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung.
Zugleich ging das diplomatische Ringen um eine längere Waffenruhe und eine damit verbundene Freilassung der in der Gewalt der Extremisten verbliebenen mehr als 100 Geiseln weiter. Die Vermittler Katar und Ägypten hofften auf eine positive Reaktion der im Gazastreifen herrschenden Hamas auf den ersten konkreten Vorschlag, der in der vergangenen Woche bei Gesprächen in Paris mit Israel und den USA vereinbart wurde. Ein Vertreter der palästinensischen Seite sagte, es sei unwahrscheinlich, dass die Hamas den Vorschlag rundheraus ablehnen werde. Aber sie werde Garantien dafür verlangen, dass die Kämpfe nicht wieder aufgenommen werden, wozu sich Israel allerdings nicht bereiterklärt hat.
Der Vorschlag für eine Waffenruhe sieht eine Geisel-Freilassung in drei Stufen vor: In einer ersten Phase von 40 Tagen, in der die Kämpfe eingestellt würden, sollen die verbleibenden Zivilisten unter den Geiseln freikommen. Dann sollen die verschleppten Soldaten freigelassen werden, und schließlich sollen die Leichen von Geiseln übergeben werden. Während einer einwöchigen Feuerpause Ende November hatte die Hamas Dutzende Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefängnisinsassen auf israelischer Seite freigelassen.
Ausgelöst hatte die Hamas den Krieg, als sie am 7. Oktober den Süden Israels überfiel. Dabei wurden 1200 Menschen in Israel getötet und mehr als 230 Menschen von den Extremisten in den Gazastreifen verschleppt. Israel reagierte mit einer Militäroffensive, um die Hamas zu zerschlagen. Dabei wurden nach Angaben der Hamas-Behörden im Gazastreifen mehr als 27.000 Palästinenser getötet, Tausende weitere Tote sollen demnach noch unter den Trümmern des schwer zerstörten Gebiets liegen. Auch Appelle des wichtigsten israelischen Verbündeten USA zeigten wenig Erfolg, die Not der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu lindern.
(Bericht von Dan Williams und Nidal al-Mughrabi, geschrieben von Christian Götz, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)