Berlin (Reuters) - Beim Antrittsbesuch des neuen französischen Ministerpräsidenten Gabriel Attal in Berlin haben sich deutliche Differenzen zwischen beiden Ländern in der Handelspolitik gezeigt.
Attal machte deutlich, dass seine Regierung das geplante EU-Handelsabkommen mit der südamerikanischen Staatengruppe Mercosur ablehnt. Bundeskanzler Olaf Scholz pochte dagegen auf einen Abschluss. Der Konflikt hatte sich schon auf dem EU-Sondergipfel vergangene Woche in Brüssel gezeigt.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der innenpolitisch unter anderem wegen Bauernprotesten unter Druck steht, will dem von der EU-Kommission ausgehandelten Freihandelsabkommen nicht zustimmen. Attal nannte dafür am Montag zwei Gründe: Zum einen setze es nicht die Beschlüsse des Pariser Klimaabkommens um. Zum anderen dürfe man keinen Handelsabkommen zustimmen, in dem Herstellern anderer Länder Praktiken erlaubt werden, die in der EU verboten worden seien. Nach Angaben aus EU-Kreisen fürchten französische Landwirte vor allem die Konkurrenz der Agarunternehmen aus Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay.
Scholz betonte dagegen, dass Deutschland den freien Handel mit der ganzen Welt sehr schätze. "Ich glaube, dass wir uns alle einig sind, dass wir solche Abkommen brauchen, weil sie geostrategisch eine große Bedeutung haben", sagte er in Anspielung auf Macrons wiederholte Hinweise, dass die EU geostrategischer denken müsse. Ohne Frankreich zu nennen, fügte der Kanzler hinzu, es könne nicht sein, den sinkenden Einfluss Europas zu beklagen und dann keine Wege zu finden, "über gute Zusammenarbeitsformen auch in wirtschaftlichen Beziehungen die ökonomischen Wachstumsperspektiven unseres Kontinents zu verbessern." Nach 20 Jahren Verhandlungen sei es an der Zeit, das Abkommen abzuschließen. Im übrigen hätten nicht die Mitgliedstaaten das Verhandlungsmandat, dieses liege wegen der vergemeinschafteten Handelspolitik in der EU bei der EU-Kommission.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)