Berlin (Reuters) - Die deutsche Industrie hat im Dezember überraschend den stärksten Auftragszuwachs seit rund dreieinhalb Jahren verbucht.
Das Neugeschäft legte um 8,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einer Stagnation gerechnet. Zurückzuführen ist das kräftigste Plus seit Juni 2020 auf ungewöhnliche viel Großaufträge in einer Reihe von Branchen. "Insbesondere wurden außergewöhnlich viele Flugzeuge bestellt", hieß es dazu. Ohne diese Effekte wären die Bestellungen um 2,2 Prozent gefallen. Im vierten Quartal 2023 lag der Auftragseingang um 0,1 Prozent höher als in den drei Monaten zuvor, während er im Gesamtjahr um 5,9 Prozent niedriger ausfiel als 2022.
Die Bestellungen aus dem Inland stiegen im Dezember um 9,4 Prozent zum Vormonat. Die Auslandsnachfrage nahm um 8,5 Prozent zu. Ein Großteil der insgesamt positiven Entwicklung ist auf den Bereich des sonstigen Fahrzeugbaus (Flugzeuge, Schiffe, Züge etc.) zurückzuführen: Hier waren die Auftragseingänge im Dezember mehr als doppelt so hoch (+110,9 Prozent) wie im Vormonat. Zusätzlich wirkten sich Großaufträge in den Bereichen Herstellung von Metallerzeugnissen (+18,0 Prozent) und bei den Produzenten von elektrischen Ausrüstungen (+38,7 Prozent) positiv aus. In den gewichtigen Bereichen Automobilindustrie (-14,7 Prozent), Maschinenbau (-5,3 Prozent) und chemische Industrie (-3,7 Prozent) ging das Neugeschäft dagegen zurück.
Der Auftragsmangel in diesen wichtigen Bereichen der Industrie droht dem Ifo-Institut zufolge immer mehr zu einer Belastung für die deutsche Konjunktur zu werden. Im Januar berichteten 36,9 Prozent der Industriefirmen von fehlenden Aufträgen, wie die Münchner Forscher zu ihrer monatlichen Umfrage mitteilten. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor lag der Anteil nur bei 20,9 Prozent. "Der Auftragsmangel hat sich im letzten Jahr merklich verschärft. Kaum eine Branche bleibt davon verschont", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Zudem schmelzen die Auftragsbestände."
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)