Reuters

Russland hält sich Vergeltung bei Rosneft-Enteignung offen

08.02.2024
um 13:07 Uhr

Moskau/Berlin (Reuters) - Russland hat sich für den Fall einer Enteignung des Ölkonzerns Rosneft in Deutschland eine Vergeltung offengehalten. Man werde keinen Schritt ausschließen, um russische Interessen zu verteidigen, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag auf die Frage, ob im Gegenzug deutsches Vermögen in Russland konfisziert werden könnte. Peskow nannte die deutschen Erwägungen illegal, sie würden das Vertrauen in Investitionssicherheit in Europa untergraben. Zuvor hatte Rosneft-Deutschland bereits erklärt, man werde sich mit allen juristischen Mitteln gegen eine Enteignung stemmen. "Rosneft wird als börsennotierte Aktiengesellschaft alle Maßnahmen ergreifen, um die Rechte ihrer Aktionäre zu schützen", teilte ihre Kanzlei Malmendier Legal mit. Eine Enteignung wäre in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beispiellos und würde auf immer der Investitionssicherheit schaden.

Das Grünen-geführte Bundeswirtschaftsministerium hat Rosneft zu einer Anhörung geladen, bei der es um eine mögliche Verstaatlichung von dessen Vermögenswerten in Deutschland gehen soll. Hintergrund ist, dass die Treuhänderschaft des Bundes für den Rosneft-Anteil an der Raffinerie in Schwedt im März ausläuft. Zwei Insider betonten, dass mit der Einladung zur Anhörung noch keine Entscheidung getroffen wurde, ob die Bundesregierung diesen Weg wirklich geht oder ob die seit September 2022 bestehende Treuhänderschaft erneut verlängert wird. Sie ist eine Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine.

Malmendier Legal teilte weiter mit, am vergangenen Dienstag sei Rosneft informiert worden, dass eine Enteignung der Anteile erwogen werde. Die Kanzlei warf der "in einer Dauerkrise befindlichen" Ampel-Regierung vor, sie wolle vor dem Ende ihrer Amtszeit noch schnell russische Vermögenswerte in Deutschland enteignen, einziehen oder konfiszieren. Damit sollten vollendete Tatsachen geschaffen werden. Das Ministerium habe Rosneft mitgeteilt, bei einer russischen Kontrolle über die deutschen Rosneft-Gesellschaften sei der Betrieb der Raffinerien gefährdet, weil Vertragspartner eine Zusammenarbeit mit Rosneft ablehnen würden. Die Kanzlei betonte, es bleibe ein "Kuriosum", wie der Staat selbst oder ein eilig herbeigerufener Dritter die Raffinerie besser betreiben könne.

ENTSCHEIDUNG SPÄTESTENS IM MÄRZ ERWARTET

Einige Investoren machen einen Einstieg bei der Raffinerie in Brandenburg von einem vorherigen Ausstieg des russischen Konzerns abhängig. Die PCK Schwedt ist die viertgrößte Raffinerie in Deutschland. Sie wurde nach dem russischen Angriff auf die Ukraine unter Treuhandverwaltung des Bundes gestellt, um die Versorgungssicherheit vor allem im Großraum Berlin, aber auch im Westen Polens zu sichern.

In Regierungskreisen hieß es, Ziel bleibe es, den Geschäftsbetrieb von Rosneft Deutschland verlässlich und auf Dauer zu sichern. Wenn am 10. März die Treuhandverwaltung auslaufe, drohe ohne eine staatliche Entscheidung, dass Rosneft Deutschland seinem Versorgungsauftrag nicht mehr nachkommen könne. "Wir unterstützen weiterhin intensiv in Gesprächen mit Partnern die Versorgung des Standortes Schwedt mit Rohöl", teilte das Wirtschaftsministerium am Mittwoch mit. "Das umfasst insbesondere Gespräche mit Unternehmen aus Polen und Kasachstan." Wirtschaftsminister Robert Habeck werde kommende Woche nach Polen reisen.

Rosneft hält eigentlich mit 54 Prozent die Mehrheit an der Raffinerie. Mittlerweile wurden aber die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, dass die Bundesregierung die Rosneft-Anteile verkaufen kann.

(Bericht von Riham Alkousaa, Dmitry Antonov in Moskau, Christian Krämer, Mitarbeit von Andreas Rinke, geschrieben von Markus Wacket; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)