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Chinas neuer Börsenwächter gilt als "Broker-Schlächter"

08.02.2024
um 15:12 Uhr

Peking (Reuters) - Der neue Chef der chinesischen Börsenaufsicht bringt alles mit, was der kriselnde Aktienmarkt gerade braucht: Wu Qing hat selbst schon einmal eine Börse geleitet, geht hart gegen Insiderhandel vor und hat sich den Ruf eines Feuerwehrmanns erworben, der Brände an den Märkten schnell und effektiv bekämpft.

Dazu kommt, dass er gut mit der Führung der Kommunistischen Partei vernetzt ist - in China nicht ganz unwichtig.

Wu, der sich während seiner früheren Tätigkeit in der Behörde den Spitznamen "Broker-Schlächter" erworben hat, übernimmt das Amt des Vorsitzenden der Wertpapieraufsicht zu einem schwierigen Zeitpunkt. Die chinesischen Aktienmärkte sind angesichts der mauen Konjunktur auf den tiefsten Stand seit fünf Jahren abgerutscht, während in den USA und in Europa ein neuer Höchststand nach dem anderen erreicht wird. Sein Vorgänger Yi Huiman konnte die Talfahrt nicht stoppen, trotz Warnungen vor Leerverkäufen, Handelsverboten und anderen Maßnahmen.

"Wu ist gut darin, die Kapitalmärkte zu regulieren, und in dieser Situation ist er ein echter Feuerwehrmann", sagte eine Person, die in die wirtschafts- und finanzpolitischen Diskussionen eingebunden ist, aber anonym bleiben will. "Er verfügt über reiche Erfahrung im Börsengeschäft und hat einige Erfolge bei der Regulierung von Maklern und Fonds, auch in Shanghai, vorzuweisen." Allerdings befürchten einige Anleger, dass Wu mit einem harten Vorgehen die Märkte abwürgen könnte. "Wu Qing ist als strenger Regulierer bekannt", sagt Eric Croak, Präsident des Vermögensverwalter Croak Capital.

Der 58-jährige Wu war schon einmal bei der wichtigsten Wertpapieraufsicht des Landes tätig. Vier Jahre lang beschäftigte er sich dort mit Risiken in der Branche, bevor er 2009 Leiter der Fondsabteilung wurde, wo er gegen eine Reihe aufsehenerregender Fälle von Insiderhandel vorging. Während seiner Amtszeit reduzierte die Aufsichtsbehörde die Risiken bei rund 30 in Schwierigkeiten geratenen Wertpapierfirmen.

Einem Berater zufolge, der während seiner Tätigkeit bei der Aufsicht mit Wu zu tun hatte, hat sich dieser wegen seiner harten Hand bei der Eindämmung von Risiken den Spitznamen "Broker-Schlächter" erworben. "Wu hat viele nicht solvente Maklerunternehmen in den Bankrott getrieben", sagt der Berater, der ebenfalls nicht namentlich genannt werden wollte.

Wu wechselte schließlich 2016 als Chef zur Shanghaier Börse. Bis Mittwoch diente er zudem als stellvertretender Parteichef von Chinas Finanzzentrum Shanghai. Im Oktober 2022 wurde er in das elitäre Zentralkomitee der Regierungspartei aufgenommen. Dort arbeitete der Finanzwissenschaftler, der an der Renmin-Universität in Peking seinen Doktortitel erworben hat, eng mit Ministerpräsident Li Qiang zusammen.

Professor Alfred Wu von der Lee Kwan Yew School of Public Policy an der National University of Singapore findet es bemerkenswert, wie schnell Wu in der Partei aufgestiegen sei. "Es gibt viele Beispiele dafür, dass Wu Qing als stellvertretender Bürgermeister von Shanghai und Verantwortlicher für wirtschaftliche Angelegenheiten Sitzungen leitete und Li Qiang als Parteisekretär Ratschläge erteilte", sagt er.

Der neue Chefaufseher veröffentlichte 2009 einen Aufsatz, in dem er die Lehren aus der globalen Finanzkrise von 2008 analysierte. Zu den wichtigsten dieser Lehren gehören demnach, wie Finanzinstitute Risiken managen sollten, anstatt neue einzugehen, und wie Investmentbanken der Finanzindustrie dienen sollten - und sich nicht auf Spekulationen konzentrieren. "Der Markt ist nicht omnipotent. Wenn ein Marktversagen vorliegt, sollte die Regierung direkt eingreifen und die Wirkung garantieren", heißt es in Wus Papier.

Einige Anleger erwarten von ihm einen anderen Ansatz als von seinem Vorgänger Yi, der eine Karriere als Banker hinter sich hat. Yuan Yuwei, Hedgefondsmanager bei Water Wisdom Asset Management, sagte, dass Spekulationen und riskante Wetten während Yis Amtszeit florierten. "Ich hoffe, Wu kann dem Markt Rechtsstaatlichkeit verschaffen und Aktienmanipulatoren ins Gefängnis bringen", sagt er.

(Bericht von Kevin Yao, Joe Cash and Samuel Shen, geschrieben von Rene Wagner, redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)