Berlin (Reuters) - Die USA machen China den lange unangefochtenen Status als größter deutscher Handelspartner streitig.
Zwar blieb die Volksrepublik 2023 mit einem Handelsvolumen von 253,1 Milliarden Euro das achte Jahr in Folge die Nummer eins. Allerdings fiel das Außenhandelsvolumen mit den USA (252,3 Milliarden Euro) nur um 0,7 Milliarden Euro geringer aus, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. 2022 hatte der Vorsprung noch bei 50,1 Milliarden Euro gelegen. Rang drei belegen erneut die Niederlande mit Exporten und Importen im Wert von zusammen 214,8 Milliarden Euro, ein Rückgang von 5,5 Prozent.
"Setzen sich die Handelsentwicklungen des letzten Jahres fort, dann überholen die USA China als wichtigsten deutschen Handelspartner spätestens im Jahr 2025", sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters. "Im Moment deutet sich keine durchgreifende Nachfragesteigerung nach Produkten Made in Germany seitens Chinas an."
Der Wert der Warenimporte aus China sackte im vergangenen Jahr um 19,2 Prozent auf 155,7 Milliarden Euro ab. Gleichzeitig sank der Wert der dorthin exportierten Waren um 8,8 Prozent auf 97,3 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich ein Handelsdefizit von 58,4 Milliarden Euro - nach dem Rekord von 86,1 Milliarden im Jahr 2022 das zweitgrößte mit China seit Beginn der Datenreihe im Jahr 1950. Die Entwicklung zeigt dem Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zufolge geoökonomischen Verschiebungen in Folge der vielbeschworenen "Zeitenwende". "Angesichts eines möglichen Konflikts über Taiwan und einer Konfrontation zwischen den USA und China diversifizieren deutsche Unternehmen ihre Lieferketten und beschaffen weniger in China", sagte der wissenschaftliche Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts IMK, Sebastian Dullien. "Dies zeigt sich in deutlich fallenden Einfuhren aus China." Die Volksrepublik wiederum setze auf wachsende Eigenproduktion strategischer Güter und beziehe weniger aus Deutschland.
Die meisten deutschen Exporte gingen wie bereits seit 2015 in die Vereinigten Staaten. Dorthin wurden Waren im Wert von 157,9 Milliarden Euro exportiert, das waren 1,1 Prozent mehr als 2022. Dem standen US-Importe von 94,4 Milliarden Euro gegenüber, ebenfalls ein Zuwachs von 1,1 Prozent. Damit erzielte der deutsche Außenhandel mit den USA einen Exportüberschuss von 63,5 Milliarden Euro. Auf Rang zwei der wichtigsten Abnehmerländer von Waren "Made in Germany" lag Frankreich (116,8 Milliarden Euro; -1,2 Prozent), gefolgt von den Niederlanden (111,5 Milliarden Euro; -0,7 Prozent).
(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)