Reuters

Deutschland steuert auf mehrere Enthaltungen bei EU-Abstimmungen zu

14.02.2024
um 15:02 Uhr

Berlin (Reuters) - Meinungsverschiedenheiten könnten dazu führen, dass sich die Ampel-Regierung bei mehreren EU-Vorhaben in Brüssel bei Abstimmungen enthalten muss.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärte am Mittwoch, dass die regierungsinternen Verhandlungen über die EU-Lieferkettenrichtlinie wegen des Widerstands FDP-geführter Ministerien beendet seien, Deutschland werde sich deswegen der Stimme enthalten. Am Montag hatte es noch den Hinweis auf einen möglichen Kompromiss gegeben. Mit der Richtlinie sollen Unternehmen europaweit für Missstände in ihren Lieferketten in die Pflicht genommen werden, etwa Menschenrechtsverstöße wie Kinderarbeit oder Verstöße gegen Umweltauflagen.

Eine Enthaltung droht auch bei der angestrebten EU-Richtlinie zur Plattformarbeit, weil das FDP-geführte Finanzministerium Vorbehalte hat. Die Richtlinie zur Plattform-Arbeit soll die Rechte von Beschäftigten stärken, die ihre Aufträge über Onlineportale erhalten.

Zudem ist sich die Regierung nicht über das sogenannte Netto-Null-Industrie-Gesetz einig, das dafür sorgen soll, dass mehr klimafreundliche Technologien in der EU produziert werden. Das Gesetz soll Investitionen anregen und bessere Bedingungen für den sogenannten Cleantech-Markt in Europa schaffen. Auch hier gibt es Vorbehalte der FDP.

Hebestreit verwies auf den Koalitionsvertrag, der vorsieht, dass sich Deutschland enthalten muss, wenn sich die Koalitionspartner nicht einig sind. Enthaltungen des größten EU-Staates gab es auch in früheren Bundesregierungen, so dass in Brüssel von einem "german vote" die Rede ist. Derzeit häufen sich die Meinungsverschiedenheiten in der Ampel-Koalition vor dem Hintergrund der Europawahl Anfang Juni. So hatte Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner betont, dass man über die Lieferkettenrichtlinie nach der Europawahl wieder reden könne.

Die europäische Lieferkettenrichtlinie soll das deutsche Lieferkettengesetz ergänzen. Die FDP lehnt das Ergebnis jahrelanger Beratungen auf europäischer Ebene mit dem Hinweis ab, dass man den Mittelstand nicht zusätzlich belasten dürfe. Verwiesen wird darauf, dass die EU-Pläne auch für Unternehmen ab 500 Beschäftigen und nicht erst ab 1000 Mitarbeitern wie im deutschen Gesetz gelten soll.

(Bericht von Maria Martinez und Christian Krämer.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)