Reuters

Nawalnys Witwe will Kampf ihres Mannes fortsetzen

19.02.2024
um 14:27 Uhr

Moskau/Brüssel (Reuters) - Die Witwe des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny will den Kampf ihres verstorbenen Mannes für ein freies Russland fortsetzen.

Julia Nawalnaja forderte die Unterstützer Nawalnys am Montag auf, den Kampf gegen Russlands Präsident Wladimir Putin jetzt noch entschlossener zu führen. In einer neunminütigen Video-Botschaft warf die 47-Jährige Putin vor, ihren Mann getötet zu haben. Damit habe Putin auch ihren zwei Kindern den Vater genommen.

Nawalny war am Freitag von den russischen Behörden für tot erklärt worden. Er galt als charismatischster Oppositioneller Russlands und war ein vehementer Gegner Putins, der sich anschickt, im März als Präsident wiedergewählt zu werden und damit bis mindestens 2030 an der Staatsspitze Russlands stehen könnte. Nawalnaja sagte, die einzige Antwort auf dieses Verbrechen sei, den Weg ihres Mannes fortzusetzen. Die Menschen in Russland wollten anders leben, auch wenn dafür derzeit wenig Hoffnung bestehe.

"Ich möchte in einem freien Russland leben, ich möchte ein freies Russland aufbauen", sagte sie in ihrer Botschaft mit dem Titel "Ich werde die Arbeit von Alexej Nawalny fortsetzen". An die Zuschauer richtete sie den Appell: "Ich fordere Sie auf, sich an meine Seite zu stellen. Ich bitte Sie, meine Wut mit mir zu teilen. Wut, Zorn, Hass gegen die, die es wagten, unsere Zukunft zu töten."

Den russischen Behörden warf Nawalnaja vor, den Leichnam ihres Mannes zurückzuhalten. Die Behörden warteten ab, bis keine Spuren des Nervengifts Novitschok mehr nachzuweisen seien, erklärte sie. Der 47-jährige Nawalny war am Freitag nach Angaben der Verwaltung der Strafkolonie "Polarwolf" nach einem Spaziergang bewusstlos geworden und gestorben. Er sollte in dem 1900 Kilometer nordöstlich von Moskau gelegenen, für seine Haftbedingungen berüchtigten Gefängnis eine drei Jahrzehnte dauernde Haftstrafe verbüßen.

"ALLEN MUTIGEN MENSCHEN IN RUSSLAND"

Der Kreml bestreitet eine Verwicklung in den Tod Nawalnys. Die Bundesregierung bestellte den russischen Botschafter in Berlin ein. Es sei erschütternd, dass Präsident Putin versuche, die eigene Bevölkerung mundtot zu machen, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Es würden sogar Menschen verhaftet, die für Nawalny Blumen niederlegen wollten. "Unser Respekt gilt allen mutigen Menschen in Russland, die sich trotz schärfster Repressionen für Demokratie und Freiheit einsetzen." Man fordere zudem, dass der Familie die Leiche Nawalnys übergeben werde.

Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Außenministerin Annalena Baerbock hätten ein Gespräch mit Nawalnys Witwe geführt. Baerbock sagte am Montag vor Beratungen der Außenministerinnen und Außenminister der 27 EU-Mitgliedstaaten, die Europäische Union werde ein 13. Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg bringen. Dabei solle auch der Tod Nawalnys eine Rolle spielen, sagte die Grünen-Politikerin. Bei dem Treffen in Brüssel wurde auch Nawalnys Witwe erwartet.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, Putin lasse jeden Respekt menschlichen Lebens vermissen. Die Haft Nawalnys habe auf scheinheilige politisch motivierten Urteilen beruht. Es müsse jetzt eine unabhängige Untersuchung zur Todesursache geben. Das Präsidialamt in Moskau erklärte, die Untersuchungen zum Tod Nawalnys liefen.

(Berichterstattung aus verschiednen Reuters-Büros. Bearbeitet von Alexander Ratz und Holger Hansen. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.)