Reuters

Schwere Luftangriffe auf Rafah - Moschee und Häuser zerstört

22.02.2024
um 12:47 Uhr

Rafah (Reuters) - Das israelische Militär hat bei Luftangriffen auf die Grenzstadt Rafah im südlichen Gazastreifen eine Moschee dem Erdboden gleichgemacht.

Auch mehrere Häuser wurden zerstört. Einwohner sprachen am Donnerstag von einer der bislang schlimmsten Bombennächte seit Beginn des Krieges vor über vier Monaten in der Stadt an der abgeriegelten Grenze zu Ägypten, in der mehr als eine Million Palästinenser als letzte verblieben Zufluchtstätte vor den Kämpfen im übrigen Gazastreifen Schutz gesucht haben und meist in Zelten oder anderen Notunterkünften leben. Mindestens sieben Tote waren vor einem Leichenschauhaus in der Stadt aufgebahrt. Auch an anderen Orten wurde weiter gekämpft. Bei israelischen Luftangriffen im Zentrum des Küstengebiets wurden nach Angaben der palästinensischen Behörden zwei Häuser getroffen und mindestens 20 Menschen getötet.

Die Leiter der wichtigsten UN-Hilfsorganisationen wie des Flüchtlingshilfswerks UNHCR, des Kinderhilfswerks Unicef, des Welternährungsprogramms (WFP) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) forderten in einem gemeinsamen Appell eine sofortige humanitäre Waffenruhe. "Krankheiten sind weit verbreitet. Es droht eine Hungersnot. Die Wasserversorgung ist miserabel. Die Basisinfrastruktur wurde dezimiert. Die Nahrungsmittelproduktion ist zum Stillstand gekommen. Krankenhäuser haben sich in Schlachtfelder verwandelt. Eine Million Kinder erleiden täglich Traumata", mahnten sie. Jede weitere Eskalation im überfüllten Rafah "würde zu einem Massensterben führen. Sie könnte auch den Todesstoß für die humanitäre Hilfe bedeuten, die bereits auf den Knien liegt", fügten sie auch mit Blick auf eine von Israel angedrohte Bodenoffensive auf die Stadt hinzu.

Von israelischer Seite gab es zuletzt hoffnungsvolle Signale über Fortschritte bei den Verhandlungen über eine neue Waffenruhe und eine Freilassung der Geiseln der Hamas. Benny Gantz, Mitglied des israelischen Kriegskabinetts, sagte am Mittwoch, es gebe "vielversprechende erste Anzeichen" für eine Einigung zur Befreiung der Geiseln. Aber ohne eine Einigung werde Israel weiterkämpfen, bekräftigte er die Haltung der Regierung. Zudem ist Hamas-Chef Ismail Haniyeh diese Woche zu Gesprächen mit ägyptischen Vermittlern nach Kairo gereist - ebenfalls ein Signal, dass die Verhandlungen fortgesetzt werden.

Von der Al-Faruk-Moschee im Zentrum von Rafah blieben nach dem Luftangriff nur noch Betonruinen übrig. Auch die Fassaden der angrenzenden Gebäude waren zerstört. Nach Angaben der Behörden wurden vier Häuser im Süden der Stadt und drei im Zentrum getroffen. Anwohner berichteten, dass es sich um die schwersten Bombardierungen seit einem israelischen Angriff auf die Stadt vor zehn Tagen handelte, bei dem zwei Geiseln befreit und zahlreiche Zivilisten getötet wurden. "Wir konnten nicht schlafen, die Geräusche der Explosionen und der über uns dröhnenden Flugzeuge hörten nicht auf", sagte der 34-jährige Dschehad Abuemad, der mit seiner Familie in einem Zelt lebt. "Wir konnten die Kinder in den benachbarten Zelten weinen hören, die Menschen hier sind verzweifelt und schutzlos, und Israel lässt seine Macht an ihnen aus."

Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden im Gazastreifen wurden bei israelischen Angriffen in den vergangenen 24 Stunden 97 Palästinenser getötet, 130 seien verletzt worden. Die Zahlen könnten aber noch steigen, das viele Opfer noch unter Trümmern oder in Gebieten außer reichweite der Rettungskräfte vermutet würden.

(Bericht von Ibraheem Abu Mustafa und Nidal al-Mughrabi, geschrieben von Christian Götz. Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)