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Bundestag will weitreichende Waffen für Ukraine - Streit über Taurus

22.02.2024
um 17:22 Uhr

(neu: Abstimmung zu Ampel-Antrag)

- von Andreas Rinke und Alexander Ratz

Berlin (Reuters) - Kurz vor dem zweiten Jahrestag des russischen Überfalls hat der Bundestag demonstrativ die Fortsetzung der militärischen Unterstützung der Ukraine beschlossen.

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP verabschiedete das Hohe Haus am Donnerstag einen Antrag, in dem die Lieferung neuer "weitreichender Waffensysteme" gefordert wird. Ein Antrag von CDU/CSU, in dem der Marschflugkörper Taurus explizit genannt wurde, fand keine Mehrheit. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann votierte als einzige Abgeordnete der Ampel-Fraktionen für den Unions-Antrag.

Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt die von der Ukraine geforderte Lieferung von Taurus mit einer Reichweite bis zu 500 Kilometern nach wie vor ab. Deshalb hatte die SPD-Fraktion darauf bestanden, dass die Typenbezeichnung in dem Antrag nicht auftaucht. Regierungsparteien und Union waren sich jedoch im Willen einig, der Ukraine beizustehen. Sichtbar wurde dies auch in den Redebeiträgen von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU). "Putins Russland ist und wird auf absehbare Zeit die größte Sicherheitsbedrohung für Europa bleiben", sagte Pistorius mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dieser Bedrohung werde man sich mit aller Kraft entgegenstellen. Merz äußerte sich ähnlich. Auf der Zuschauertribüne verfolgte der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, die Debatte.

SOLL TAURUS GELIEFERT WERDEN ODER NICHT?

In dem Ampel-Antrag ist von der "Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition" die Rede, die auch hinter den russischen Frontlinien Ziele treffen könnten. Im Unions-Antrag wird dagegen die Taurus-Lieferung direkt erwähnt. Pistorius und andere Ampel-Abgeordnete wichen der Frage von Unions-Parlamentariern aus, was mit der Formulierung weitreichender Waffen genau gemeint sei. Andere Abgeordnete wie Marcus Faber von der FDP haben dagegen bereits betont, dass damit auch der Taurus-Marschflugkörper gemeint seien.

In den Beratungen über den Ampel-Antrag hatte vor allem die SPD-Fraktion darauf gedrungen, dass Taurus nicht erwähnt wird, um keinen Druck auf Scholz auszuüben. Der Regierungssprecher hatte am Mittwoch betont, dass Scholz unter der Bezeichnung "weitreichender" Waffen im Ampel-Antrag nicht Taurus verstehe. Es bleibe dabei, dass Deutschland alles liefern werde, was für die Landesverteidigung abkömmlich und für die Ukraine wichtig sei. Dies erfolge in enger Absprache mit den Verbündeten, vor allem die USA. Die US-Regierung verweigert bisher die Lieferung von weitreichenden Marschflugkörpern.

Mehrere Redner wie Strack-Zimmermann und der CDU-Fraktionsvize Johann Wadephul bedauerten, dass die deutsche Ukraine-Hilfe durch den Streit überlagert werde. Allerdings distanzierten sich Ampel-Abgeordnete auch von der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Strack-Zimmermann wegen ihres Abstimmungsverhaltens.

"KEINE GUTEN UMFRAGEWERTE"

"Ich stimme selbstverständlich als Regierungsabgeordneter mit dem Antrag der Regierungsfraktionen", sagte etwa der Vorsitzende des Europausschusses, Anton Hofreiter (Grüne), im ZDF. Er verwies zum einen auf die Gefahr einer Schwächung der Regierung durch ein solches Verhalten und fügte zum anderen mit Blick auf Strack-Zimmermann hinzu: "Es ist allgemein bekannt, dass sie Spitzenkandidatin in der FDP für die Europawahl ist und es ist auch allgemein bekannt, dass die FDP gerade keine guten Umfragewerte hat - das lässt einen manchmal schon zu eher verzweifelten Handlungen führen."

Die FDP-Politikerin forderte dagegen, in solchen "eklatanten" Abstimmungen die Abgeordneten vom Fraktionszwang zu befreien. Wie zuvor Merz mahnte Strack-Zimmermann, dass man der Ukraine entschlossener helfen müsse und kritisierte das Zögern vom Kanzler bei Panzer-Lieferungen im vergangenen Jahr.

Merz warb angesichts der Vorbehalte in Ostdeutschland gegen Waffenlieferungen um Verständnis. Gerade die Deutschen sollten aus ihrer Geschichte wissen, wie gefährlich Beschwichtigungen gegenüber einem Regime seien, "das sich an keinerlei Regeln des internationalen Rechts mehr hält und das offenbar zu allem entschlossen ist", sagte er mit Blick auf Russland. Die AfD bezeichnete er als fünfte Kolonne Putins. Der AfD-Politiker Alexander Gauland forderte Friedensgespräche und kritisierte die Waffenlieferungen.

(Bericht von Andreas Rinke, Alexander Ratz; redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)