Berlin (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft bewegt sich wegen sinkender Investitionen am Rande einer Rezession.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte von Oktober bis Dezember um 0,3 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Freitag erklärte und eine frühere Schätzung bestätigte. In den beiden Vorquartalen hatte es zumindest noch zu einer Stagnation gereicht, Anfang 2023 immerhin zu einem Mini-Plus von 0,1 Prozent. "Im Schlussquartal bremsten die rückläufigen Investitionen die Konjunktur, während der Konsum leicht zulegte", sagte Statistikamtspräsidentin Ruth Brand.
Ausgebremst wurde die Konjunktur gleich von mehreren Seiten. Die hohe Inflation dämpfte die Kaufkraft der privaten Haushalte, die ihre Konsumausgaben dennoch leicht um 0,2 Prozent steigerten. Die Europäische Zentralbank (EZB) bekämpft die starke Teuerung mit dem höchsten Zinsniveau ihrer Geschichte. Das bekam die Baubranche besonders zu spüren: Sie erlitt einen Nachfrageeinbruch, da für viele potenzielle Häuslebauer der Traum von den eigenen vier Wänden wegen der teuren Finanzierungskosten platzte. Die Bauinvestitionen sanken Ende 2023 um 1,7 Prozent. Den Exporteuren wiederum machte die schwache Weltkonjunktur zu schaffen und sorgte für ein Minus von 1,6 Prozent zum Vorquartal.
Eine Erholung der deutschen Wirtschaft fällt der Bundesregierung zufolge in diesem Jahr weitgehend ins Wasser. Die Regierung verweist auf die maue global Konjunktur, die hohen Zinsen, und fehlende Arbeitskräfte: Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht neben widrigen Rahmenbedingungen allerdings auch eine Mitschuld der Ampel-Regierung an den Problemen. "Wir kommen langsamer aus der Krise als erhofft", räumte Habeck jüngst bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts ein. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat darin ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr von 1,3 auf nur noch 0,2 Prozent gesenkt.
Die deutsche Wirtschaft bleibt akut rezessionsgefährdet. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft - Industrie und Dienstleister zusammen - sank im Februar überraschend um 0,9 auf 46,1 Punkte, wie der Finanzdienstleister S&P Global bei seiner monatlichen Firmenumfrage herausfand. Das Barometer entfernte sich damit weiter von der Wachstumsschwelle von 50 Punkten, die nun schon seit acht Monaten verfehlt wird. "Die deutsche Wirtschaft bleibt unter Druck", sagte Ökonom Tariq Kamal Chaudhry von der Hamburg Commercial Bank (HCOB), die die Umfrage sponsert. Das liegt vor allem an der Industrie: Hier brach das an den Finanzmärkten stark beachtete Barometer um 3,2 auf 42,3 Punkte ein. "Für die deutsche Industrie sieht es jetzt ziemlich düster aus", sagte Chaudhry. Sie leide unter hohen Zinsen, teurer Energie, geopolitischen Risiken und einer schwachen Weltkonjunktur. Die Produktion gehe stark zurück, die Neuaufträge aus dem In- und Ausland "verschlechtern sich drastisch".
(Bericht von Rene Wagner und Klaus Lauer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)