Berlin (Reuters) - Die deutsche Baubranche hat im vergangenen Jahr angesichts stark gestiegener Zinsen und teurer Materialien deutlich weniger Aufträge erhalten.
Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe fiel inflationsbereinigt (real) um 4,4 Prozent schwächer aus als 2022, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Allerdings gibt es einen Lichtblick: Im Dezember wuchs der reale Auftragseingang um 7,9 Prozent zum Vormonat.
Nicht um Preiseffekte bereinigt nahm das nominale Volumen im vergangenen Jahr dagegen um 3,3 Prozent auf 102,3 Milliarden Euro zu. Es lag damit erstmals im dreistelligen Milliardenbereich. "Die unterschiedliche Entwicklung von realen und nominalen Werten ist auf die zu Beginn des Jahres deutlich gestiegenen Baupreise zurückzuführen", erklärten die Statistiker diese Diskrepanz.
Die Entwicklung der Aufträge verlief zweigeteilt. Das Neugeschäft im Tiefbau, wozu beispielsweise der staatlich dominierte Straßenbau zählt, wuchs im vergangenen Jahr um 3,0 Prozent. "Großaufträge, vor allem im Bahnstreckenausbau und beim Bau der Kabeltrassen Suedlink und Süd-Ost-Link trugen maßgeblich zum vorliegenden Rekordergebnis bei", hieß es dazu. Der Hochbau - der vor allem durch den Wohnungsbau geprägt und überwiegend von der privaten Nachfrage abhängig ist - meldete hingegen einen realen Rückgang von 11,4 Prozent. Im Wohnungsbau allein gab die Nachfrage sogar um 19,8 Prozent nach.
Der Jahresumsatz im Bauhauptgewerbe sank 2023 real um 3,3 Prozent. Nominal steigerte er sich um 3,5 Prozent und erreichte einen neuen Höchststand von 113,8 Milliarden Euro. In der Statistik werden alle Betriebe von Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern erfasst. 2023 waren das rund 9600 Betriebe und damit 1,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Zum Vergleich: 2009 waren es lediglich 7000, seither gibt es einen kontinuierlichen Anstieg. In den Betrieben waren 536.000 Personen tätig. Das waren rund 6600 oder 1,2 Prozent mehr als 2022.
Kräftig gestiegene Zinsen, mit denen die Europäische Zentralbank (EZB) die hohe Inflation bekämpfen will, machen insbesondere dem Wohnungsbau zu schaffen. Dadurch werden viele Projekte für Bauherren unrentabel. Das ist nach Einschätzung vieler Experten ein soziales Problem, da bezahlbarer Wohnraum vor allem in die Städte auf Jahre hinaus Mangelware bleiben dürfte.
(Bericht von Rene Wagner - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)