Frankfurt (Reuters) - Der scharfe Zinserhöhungskurs der europäischen Währungshüter im Kampf gegen die Inflation belastet die Jahresbilanz der Bundesbank.
Zwar wies die Notenbank am Freitag für 2023 wieder ein ausgeglichenes Ergebnis aus. Das erreichte sie aber nur, weil sie ihre Risikovorsorge vollständig auflöste und ihre Rücklagen verringerte. Die Ausschüttung an den Bund fällt damit aus, wie bereits in den Jahren zuvor. Für 2024 signalisierte die Bundesbank rote Zahlen: "Wir gehen davon aus, dass die Belastungen für das laufende Jahr erneut erheblich sein werden. Sie dürften die verbliebenen Rücklagen übersteigen", erklärte Bundesbank-Präsident Joachim Nagel.
In diesem Fall werde die Bundesbank einen Verlustvortrag ausweisen und diesen durch künftige Gewinne wieder abtragen. "Wir erwarten, längere Zeit keine Gewinne ausschütten zu können", bekräftigte Nagel. Rote Zahlen hat es bei der Bundesbank in den 1970er Jahren gegeben. Damals hatte sie sieben Jahre lang Verluste geschrieben. Im vergangenen Jahr lag der Nettozinsertrag, der größte Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung, mit einem Minus von 13,9 Milliarden Euro erstmals im negativen Bereich. Unter dem Strich entstand ein Fehlbetrag von 21,6 Milliarden Euro, den die Notenbank mit ihren Finanzpuffern ausglich. Die Rückstellungen von 19,2 Milliarden Euro wurden komplett aufgelöst, die Rücklagen schrumpften auf 0,7 Milliarden Euro.
Die Währungshüter der Euro-Zone hatten ab 2015 billionenschwere Programme zum Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen aufgelegt. Diese dienten zunächst zur Unterstützung der Konjunktur, 2020 kam dann noch ein weiteres massives Kaufprogramm hinzu, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzumildern. Die hohen Anleihenbestände werfen derzeit aber nur magere Zinsen ab. Auf der anderen Seite müssen die Bundesbank und die anderen Euro-Notenbanken im Zuge der Zinswende den Geschäftsbanken kräftig Zinsen zahlen für deren Einlagen bei der Notenbank. Denn der Einlagensatz liegt nach einer Serie von Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank inzwischen bei 4,00 Prozent - das höchste Niveau seit Gründung der Währungsunion.
(Bericht von Sabine Wollrab, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)