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Scholz gegen Taurus-Lieferung - Bundeswehr darf nicht beteiligt sein

27.02.2024
um 07:27 Uhr

Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz hat erstmals ausführlich begründet, warum er bisher keine Zustimmung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gegeben hat.

"Deutsche Soldaten dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein", sagte er am Montag auf einer Chefredakteurs-Konferenz der Nachrichtenagentur dpa. "Auch nicht in Deutschland", fügte er hinzu. Die Ukraine brauche derzeit vor allem Munition. Zuvor hatten Politiker von FDP und Grüne betont, dass deutsche Soldaten für die Taurus-Nutzung gar nicht auf ukrainischem Boden eingesetzt werden müssten.

Der Streit über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern mit einer hohen Reichweite von 500 Kilometern tobt seit Monaten in der Ampel-Koalition. Auch die Tatsache, dass Deutschland mittlerweile zum zweitgrößten Waffenlieferanten der Ukraine aufgestiegen ist und in diesem Jahr mehr als sieben Milliarden Euro für Waffen und Munition bereitstellt, hat daran nichts geändert. Die Befürworter argumentieren, dass mit Taurus auch Ziele tief hinter der Frontlinie getroffen und russische Nachschubwege unterbrochen werden könnten. Mit der Reichweite könnten allerdings auch Ziele in Moskau erreicht werden.

Scholz hatte mehrfach betont, dass Kriterium für die Lieferung von Waffen immer sei, dass diese eng mit den USA abgestimmt sein müsse, die ebenfalls keine Marschflugkörper lieferten - anders als Frankreich und Großbritannien. Zudem dürfe die Nato selbst nie Kriegspartei werden. Deshalb bilden etliche Nato-Staaten wie auch Deutschland seit Monaten ukrainische Soldaten aus, die dann gelieferte westliche Waffensysteme bedienen. Der Kanzler argumentiert, dass dies mit Taurus nicht möglich sei.

"Das ist eine sehr weitreichende Waffe, und das, was an Zielsteuerung und Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden", sagte der Kanzler. Das wisse auch jeder, der sich mit diesem System auseinandergesetzt hat. "Deshalb bin ich immer wieder verwundert, dass die Frage erneut gestellt wird. Das wäre aus meiner Sicht etwas, das nicht zu verantworten wäre, wenn wir uns auf gleiche Weise an der Zielsteuerung beteiligen würden." Scholz betonte auf Nachfrage, dass man sich auch nicht verhalten könne wie Frankreich oder Großbritannien: "Das, was andere Länder machen, die andere Traditionen und andere Verfassungsinstitutionen haben, ist etwas, das wir jedenfalls in gleicher Weise nicht tun können", sagte der SPD-Politiker.

Verteidigungsminister Boris Pistorius schloss sich der Meinung des Kanzlers an. "Natürlich" dürfe die Bundeswehr keine Kriegspartei werden. "Eigentlich kennt jeder diese Argumentation", sagte der SPD-Politiker. Den Hinweis, dass auch andere Länder Taurus-Systeme ohne Bundeswehr-Soldaten einsetzten, wies er zurück. "Es gibt unterschiedliche Modelle von Taurus", betonte Pistorius.

Die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte dem Kanzler dagegen auf der Plattform X vorgeworfen, er benutze ein "längst widerlegtes Argument", dass Bundeswehrsoldaten in der Ukraine eingesetzt werden müssten. "Deutsche Soldaten werden für Taurus nicht auf ukrainischem Boden benötigt. Die Behauptung des Bundeskanzlers ist falsch", schrieb Strack-Zimmermann. Die FDP-Politikerin hatte vergangene Woche als einzige Ampel-Abgeordnete für einen Antrag der oppositionellen CDU/CSU gestimmt, in dem die Taurus-Lieferung gefordert wird. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Robin Wagener betonte auf X, dass auch kein Bundestagsmandat nötig sei. "Der Taurus kann - wie andere Systeme - unabhängig von der Bundeswehr eingesetzt werden."

Der Ukraine fehlt es derzeit nach eigenen Angaben an Gerät und Munition, weshalb die russischen Truppen zuletzt wiederholt Geländegewinne vor allem an der Ostfront vermeldet konnten. Deshalb mahnte Kanzler Scholz am Montag auch, sich darauf zu konzentrieren. Zudem kritisierte der SPD-Politiker, in der deutschen Debatte würde völlig ausgeblendet, dass ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger Waffenlieferungen eher skeptisch sähen. Man müsse das aber beachten, wenn man die Unterstützung der Bevölkerung aufrecht erhalten wolle, wenn der Krieg in der Ukraine noch lange dauere.

(Bericht von Andreas Rinke, Alexander Ratz; redigiert von Birgit Mittwollen.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)