Paris (Reuters) - Der französische Präsident Emmanuel Macron hat bei einem eilig anberaumten Treffen europäischen Staats- und Regierungschefs in Paris die Tür für eine Truppenentsendung in die Ukraine geöffnet.
"Nichts darf ausgeschlossen werden. Wir werden alles Notwendige tun, damit Russland nicht gewinnt", sagte Macron am Montag im Elysee-Palast. Derzeit gebe es aber noch keinen Konsens über die Entsendung europäischer Soldaten. "Viele, die heute sagen 'niemals, niemals', sind dieselben, die vor zwei Jahren sagten 'niemals Panzer, niemals Flugzeuge, niemals Langstreckenraketen'", erklärte er. "Wir sollten die Bescheidenheit haben zuzugeben, dass wir oft sechs bis zwölf Monate zu spät gehandelt haben. Das war das Ziel der Diskussion heute Abend: Alles ist möglich, wenn es uns hilft, unser Ziel zu erreichen." Europa sollte nicht von den Vereinigten Staaten abhängig sein, um in der Ukraine zu kämpfen.
Mehrere Mitglieder der Nato und der Europäischen Union (EU) erwägen laut dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico, auf bilateraler Basis Soldaten in die Ukraine zu entsenden. "Ich kann bestätigen, dass es Länder gibt, die bereit sind, eigene Truppen in die Ukraine zu entsenden, es gibt Länder, die dagegen sind, darunter die Slowakei, und es gibt Länder, die sagen, dass dieser Vorschlag in Betracht gezogen werden muss", sagte Fico. Bislang haben es die Nato-Staaten vermieden, eigene Soldaten in die Ukraine zu schicken, weil immer wieder betont wurde, dass es sich nicht um einen Konflikt der Nato gegen Russland handle. Allerdings haben die Nato-Regierungen Waffen und Munition im Wert von Milliarden Euro geliefert und bilden auch ukrainische Streitkräfte aus.
Angesichts der Eskalation der russischen Aggression in den vergangenen Wochen ist die Versorgung mit Munition für die Regierung in Kiew zu einem kritischen Thema geworden: Die EU wird ihr Ziel, der Ukraine bis März eine Million Artilleriegeschosse zu liefern, nicht in vollem Umfang einhalten können.
Fortschritte gab es in diesem Zusammenhang bei einer Initiative der Tschechischen Republik, Hunderttausende Schuss Munition in Drittländern zu kaufen. Rund 15 Staaten haben Interesse an der tschechischen Munitionsinitiative bekundet. "Eine Reihe von Staaten hat sich der Initiative mitten in den Verhandlungen angeschlossen oder meine Kollegen haben mir gesagt, dass sie die Initiative bald diskutieren werden", sagte der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala nach dem Treffen in Paris. "Ich denke, dass die Initiative breite Unterstützung finden wird, ich schätze, dass es 15 Staaten sein werden", fügte er hinzu.
Die Tschechische Republik ist federführend bei der Initiative, Geld für den raschen Ankauf von Artilleriemunition aus Drittstaaten für die Ukraine zu sammeln. Der niederländische Premierminister Mark Rutte sagte 100 Millionen Euro zu. Die Länder, die die Munition liefern würden, hätten darum gebeten, nicht namentlich genannt zu werden, sagte Rutte. "Ich glaube, dass es ein großes Gefühl der Dringlichkeit gibt, vor allem für die kurzfristige Beschaffung von Munition und Flugabwehr", sagte Rutte, "und ich hoffe, dass andere Länder folgen werden".
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, der britische Außenminister David Cameron sowie führende Politiker aus den skandinavischen und baltischen Ländern nahmen ebenfalls an der Konferenz teil.
(Bericht von Michel Rose und John Irish, geschrieben von Katharina Loesche. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)