Reuters

Katar dämpft Bidens Optimismus zu Waffenruhe im Gazastreifen

27.02.2024
um 12:52 Uhr

(neu: Katar)

- von Samia Nakhoul und Jeff Mason und Andrew Mills

Dubai/Jerusalem/New York (Reuters) - Katar dämpft den Optimismus von US-Präsident Joe Biden hinsichtlich einer baldigen Waffenruhe im Gazastreifen.

Es könne kein Durchbruch bei den Verhandlungen für eine Feuerpause und zur Freilassung von Geiseln vermeldet werden, sagte ein Sprecher des katarischen Außenministeriums am Dienstag. Das Emirat dringe mit Nachdruck darauf, dass Israel und die im Gazastreifen herrschende Hamas einer Vereinbarung zustimmten. Katar sei optimistisch, was die Vermittlungsbemühungen angehe. Äußerungen Bidens könne die Regierung von Katar nicht kommentieren, betonte der Sprecher.

Nach Angaben Bidens ist Israel bereit, die Kampfhandlungen über den muslimischen Fastenmonat Ramadan einzustellen. Zugleich hoffe er, dass Anfang kommender Woche eine Waffenruhe in Kraft trete, sagte Biden in einem am Montag aufgezeichneten Gespräch mit der NBC-Sendung "Late Night with Seth Meyers", das am Dienstag ausgestrahlt werden sollte. Der Beginn des Ramadan wird am Abend des 10. März erwartet.

In Katar sind derzeit Vertreter beider Kriegsparteien anwesend, die getrennt mit Vermittlern verhandeln. Direkte Gespräche hat es demnach nicht gegeben. Gespräche zwischen israelischen und katarischen Vertretern gäben aber Anlass für Optimismus, sagte ein US-Vertreter. Öffentlich haben sich Israel und die Hamas dazu bislang aber nicht geäußert.

Bewegung in die festgefahrenen Fronten zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas gibt es seit vergangenem Freitag, als sich israelische Unterhändler mit Vertretern der USA, Ägyptens und Katars in Paris trafen, um Modalitäten zur Befreiung der Geiseln zu besprechen. Die Hamas war an den Gesprächen nicht beteiligt. Einem Insider zufolge erhielt die Hamas einen Entwurf, der eine 40 Tage dauernde Aussetzung aller militärischen Einsätze vorsieht.

Im Gegenzug sollen israelische Geiseln gegen in Israel einsitzende palästinensische Gefangene ausgetauscht werden, im Verhältnis eins zu zehn, sagte ein hochrangiger Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Im Rahmen der Waffenruhe würden Krankenhäuser und Bäckereien im Gazastreifen instand gesetzt werden und täglich 500 Lastwagen mit Hilfsgütern in das Gebiet fahren. "Ramadan steht bevor, und es gibt eine Vereinbarung mit den Israelis, während Ramadan die Kampfhandlungen einzustellen und uns zugleich Zeit zu geben, alle Geiseln herauszubekommen", sagte Biden.

"UNMITTELBARES UND DAUERHAFTES WAFFENSTILLSTANDSABKOMMEN"

Hamas-Anführer Ismail Hanijeh begrüßte nach einem Treffen mit Katars Emir, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, Bemühungen, den Krieg zu beenden. Er warf Israel vor, Fortschritte zu blockieren, während im Gazastreifen weiterhin Menschen stürben. "Wir werden nicht erlauben, dass der Feind die Verhandlungen dazu nutzt, dieses Verbrechen zu überdecken." Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, er sei bereit zu einer Vereinbarung. Es sei jetzt Sache der Hamas, ihre Forderungen "von einem anderen Planeten" fallenzulassen.

Al Thanis Büro erklärte, man sei mit dem Hamas-Chef im Gespräch, um ein "unmittelbares und dauerhaftes Waffenstillstandsabkommen im Gazastreifen" zu vereinbaren. Israel verfolgt öffentlich allerdings nach wie vor das Ziel, die Hamas zu vernichten. Die Hamas andererseits lehnt eine Freilassung der Geiseln ab, solange Israel die Kampfhandlungen nicht einstellt. Radikale Palästinenser hatten am 07. Oktober in Israel rund 1200 Menschen massakriert - zumeist Zivilisten - und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

"TREFFEN UNSERE EIGENEN ENTSCHEIDUNGEN"

Israel startete daraufhin eine Offensive in dem palästinensischen Küstengebiet, das von der Hamas kontrolliert wurde. "Wir sind vollkommen entschlossen, die Hamas auszulöschen", sagte der israelische Wirtschaftsminister Nir Barkat der Nachrichtenagentur Reuters.

Zugleich ist Israel unter Druck seiner Verbündeten geraten, vor allem der USA, im Gazastreifen internationales Recht einzuhalten und die Zivilbevölkerung zu schonen. In dem Gebiet lebten vor der Offensive etwa 2,3 Millionen Menschen. Nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde wurden seit Beginn der israelischen Offensive annähernd 30.000 Menschen getötet und mehr als 70.000 verletzt. Allein in den vergangenen 24 Stunden seien 96 Menschen getötet und 172 verletzt worden, teilte die Behörde am Dienstagmorgen mit. Mittlerweile sind die meisten Menschen vor den Kämpfen in den Süden des Gazastreifens geflohen. Die israelische Armee droht nun aber mit einem Angriff auf die Grenzstadt Rafah. Über den Grenzübergang nach Ägypten wird der Küstenstreifen mit humanitären Gütern notdürftig versorgt.

Netanjahu sagte, ein Angriff auf Rafah sei nach wie vor geplant. Es gebe aber einen Plan, um die Zivilbevölkerung zu evakuieren. Er werde auch dem Druck der USA nicht weichen. "Wir treffen unsere eigenen Entscheidungen", sagte Netanjahu.

(Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)