Berlin (Reuters) - In der Bundesregierung zeichnet sich trotz Vorbehalten der Grünen eine Einigung auf eine bundesgesetzliche Regelung für eine Bezahlkarte ab, mit der Asylbewerber Sach- statt Geldleistungen erhalten sollen.
Noch am Donnerstagabend sollte die Ressortabstimmung über eine Gesetzesformulierung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) abgeschlossen werden, hieß es in Regierungskreisen. Das Kabinett könne den Vorschlag voraussichtlich am Freitag im schriftlichen Umlaufverfahren beschließen. SPD, Grüne und FDP sollen die Gesetzesänderung im Bundestag an ein laufendes Gesetzgebungsverfahren zur Datenübermittlung im Ausländer- und Sozialrecht andocken.
Das vom Grünen-Politiker Robert Habeck geführte Wirtschaftsministerium habe die Zustimmung zu der Regelung in Aussicht gestellt, hieß es in Regierungskreisen. Die Grünen hatten sich bisher gegen eine bundesgesetzliche Regelung gesperrt. Sie verwiesen darauf, dass die Bundesländer die Bezahlkarte auf der geltenden Rechtsgrundlage einführen könnten. Grünen-Vizefraktionschef Andreas Audretsch erklärte am Abend, in Hannover, Bayern und Hamburg seien Bezahlkarten bereits in der Umsetzung. Die Grünen würden den Vorschlag nun prüfen. Auch Heil habe den Vorschlag mit Hinweisen versehen, dass einige Regelungen im parlamentarischen Verfahren noch zu prüfen seien.
Der Reuters vorliegende Gesetzesvorschlag sieht eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vor, mit der eine Bezahlkarte ausdrücklich als eine Option zur Leistungserbringung genannt wird. "Unabhängig von der Art der Unterbringung ist die Leistungserbringung auch in Form der Bezahlkarte möglich", heißt es darin. Geldleistungen werden aber nicht ausgeschlossen: "Sind Sachleistungen für den notwendigen persönlichen Bedarf nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, können auch Leistungen in Form von Bezahlkarten, Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden."
Die Ministerpräsidentenkonferenz und Vertreter der Bundesregierung hatten sich im vorigen Jahr darauf verständigt, eine Bezahlkarte zu ermöglichen, die Asylbewerber anstelle von Geld für Sachleistungen erhalten sollen. Befürworter versprechen sich davon geringere finanzielle Anreize für Migranten, Deutschland als Asylsuchende anzusteuern. Die Bezahlkarte soll laut Begründung zur Gesetzesänderung "eine guthabenbasierte Karte mit Debitfunktion" sein. Sie ermögliche eine elektronische Bezahlung in Geschäften und bei Dienstleistern.
(Bericht von Holger Hansen und Markus Wacket, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)