Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet die Zustimmung des Bundesrates zum Wachstumschancengesetz und setzt auf eine baldige Erholung der schwächelnden Konjunktur in Deutschland.
"Wir sind (...) ganz zuversichtlich, dass es jetzt, wenn auch in veränderter Form, beschlossen wird", sagte Scholz am Freitag auf der Internationalen Handwerksmesse in München zu der am 22. März anstehenden Abstimmung in der Länderkammer über das steuerliche Entlastungspaket für Firmen. "Es ist wichtig, dass dieses zentrale Zeichen als Anregung für Investitionstätigkeit vieler Unternehmen in Deutschland auch tatsächlich gelingt." Die vier Spitzenverbände der Wirtschaft (BDI, BDA, DIHK und ZDH) kritisierten jedoch den Kurs der Ampel-Regierung.
Scholz betonte, dass das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Voraussetzungen dafür schaffe, "dass wir die Grenzen des Produktivitätswachstums in Deutschland beiseite räumen können". Bisher würden die skeptischen Wachstumsprognosen immer mit den fehlenden Arbeitskräften begründet.
Als drittes Element verwies der Kanzler auf die Pläne zur Entbürokratisierung. "Das Bürokratieentlastungsgesetz steht unmittelbar bevor." Wie sehr der Abbau bürokratischer Hindernisse sofort zu Investitionen führe, zeige sich derzeit im Pharmasektor mit neuen Großinvestitionen.
Allerdings zeigte sich der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Jörg Dittrich, unzufrieden: "Der vorliegende Entwurf des Bürokratieentlastungsgesetzes reicht uns bei weitem nicht." Der ZDH habe dem Bundeswirtschaftsminister weitere 44 Punkte übergeben, die er prüfen sollte. "Bürokratieabbau braucht Mut und Tempo", sagte Dittrich. Im Bausektor drohe ohnehin "ein verlorenes Jahr".
Der ZDH hatte dem Kanzler zusammen mit dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), den Arbeitgebern (BDA) und der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) einen Forderungskatalog übergeben. Darin fordern die Verbände etwa eine Änderung des Lieferkettengesetzes, Steuersenkungen und ein Zurückschrauben der Sozialabgaben. "Ziel muss eine Absenkung der Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland auf maximal 25 Prozent sein", heißt es in dem Papier. Es brauche zudem ausgabensenkende Strukturreformen in allen Sozialversicherungen. Kritisch wird auch die von der Ampel versprochene Festschreibung des Mindestrentenniveaus auf 48 Prozent des Durchschnittslohns gesehen. Dies würde die Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung verschärfen.
Scholz warf den Wirtschaftsverbänden vor, alles gleichzeitig zu fordern. Der Staat solle keine zusätzlichen Schulden aufnehmen, mehr Geld für Verteidigung ausgeben, jeden Tag würden Subventionen gefordert - aber dann solle es gleichzeitig Steuersenkungen geben. "Natürlich hilft es nicht, wenn ganz viele Lobbyisten und Politikunternehmer die Stimmung im Land verschlechtern. Dann behalten die Leute ihr Geld auf dem Sparbuch und investieren nicht", sagte er in Anspielung auf die nach wie vor hohe Sparquote der Deutschen.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)