Budapest (Reuters) - Ungarns Regierung sperrt sich gegen den amtierenden niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte als neuen Nato-Generalsekretär.
Ungarn könne eine Kandidatur Ruttes nicht unterstützen, sagte Außenminister Peter Szijjarto am Dienstag vor der Presse. Als Grund führte er die Haltungen an, die Rutte im Streit zwischen Ungarn und der EU über Fragen der Rechtsstaatlichkeit eingenommen habe: "Wir können sicher nicht die Wahl eines Mannes zum NATO-Generalsekretär unterstützen, der Ungarn in die Knie zwingen wollte." Die USA, Großbritannien, Deutschland und Frankreich hatten sich unlängst hinter Rutte gestellt. Der 57-Jährige galt damit als Favorit für die Nachfolge von Jens Stoltenberg.
Der Nato-Generalsekretär wird im Konsensverfahren ernannt und benötigt deshalb die Unterstützung aller 31 Nato-Mitglieder. Vor knapp zwei Wochen hieß es aus Diplomatenkreisen, Rutte habe bisher die informelle Unterstützung von etwa 20 Nato-Mitgliedern. Ungarn galt - wie auch die Türkei - als möglicher Gegner. Ungarn und die Türkei hatten sich zuvor auch lange gegen den Beitritt Schwedens zur Nato gesperrt. Am Dienstag unterzeichnete der ungarische Präsident Tamas Sulyok das Gesetz, mit dem Ungarn die Aufnahme Schwedens in die Nato ratifiziert. Ende Februar hatte das Parlament in Budapest zugestimmt. Das traditionell neutrale Schweden hatte - wie Finnland - nach Russlands Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 die Aufnahme in die Nato beantragt.
Bei der Unterstützung der Ukraine sticht die Haltung Ungarns ebenfalls hervor: Unter der Regierung von Viktor Orban, der enge Beziehungen zu Russland pflegt, liefert Ungarn keine Waffen in die Ukraine und hatte zudem lange ein Ukraine-Hilfspaket der EU blockiert.
Bei den Ukraine-Hilfen lenkte Orban Anfang März ein. Ungarn wurde in diesem Zusammenhang zugesichert, dass es eine faire Behandlung im Streit über die von der EU eingefrorenen Mittel wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit bekomme. Orban erreichte aber nicht, dass die Mittel unmittelbar ausgezahlt werden. Dies wurde an weitere Reformen gebunden.
Der amtierende Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat seine Amtszeit bereits mehrfach verlängert, im Oktober will der Norweger aber nach einem Jahrzehnt an der Spitze des nordatlantischen Militärbündnisses endgültig abtreten.
Rutte ist seit langem ein scharfer Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Niederländer hat während seiner langen Amtszeit in Den Haag gute Beziehungen zu den verschiedenen britischen und US-amerikanischen Regierungschefs aufgebaut. Dazu gehört auch der frühere US-Präsident Donald Trump, der eine Wiederwahl anstrebt und immer wieder mit kritischen Äußerungen über die Nato für Aufsehen sorgt.
(Bericht von Boldizsar Gyori, geschrieben von Elke Ahlswede, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)