- von Klaus Lauer und Markus Wacket
Berlin (Reuters) - Der fünfte Streik der Lokführergewerkschaft GDL in der laufenden Tarifrunde mit der Bahn trifft seit Donnerstagmorgen wieder Millionen Pendler. Seit 02.00 Uhr legen die Lokführer bundesweit große Teile des Nah- und Fernverkehrs lahm. Im Güterverkehr wird bereits seit Mittwochabend nicht mehr gefahren. Enden soll der Streik Freitagmittag um 13.00 Uhr, die Bahn peilt erst ab Samstag wieder einen normalen Betrieb an. Auch das Bodenpersonal der Lufthansa und das Sicherheitspersonal an mehreren Flughäfen sorgen mit Arbeitskämpfen für massive Behinderungen beim Flugverkehr. Es kommt zu vielen Flug-Streichungen und Verspätungen. Der Ausstand beim Bodenpersonal soll auch hier Freitag enden. Etwa 250.000 Reisende dürften laut Flughafenverband ADV betroffen sein.
Die GDL rechtfertigte den erneuten Streik gegen lauter werdende Kritik. Man habe das Papier der Moderatoren abgewiesen, weil mehrere Vorschläge nicht hinnehmbar gewesen seien, nicht nur die Bewertung der Arbeitszeit, sagte GDL-Chef Claus Weselsky im Deutschlandfunk. "Wir haben dann noch weiter verhandelt und es hat kein Angebot gegeben, keine Verbesserung", sagte der Gewerkschaftschef. "Wir sind bis einschließlich jetzt auch in Hintergrundgesprächen nicht zueinander gekommen." Man werde künftige Streiks nur noch kurzfristig ankündigen, nicht mehr 48 Stunden vorher wie bisher. Eine Bahn-Sprecherin sagte dazu, in diesem Fall könne die Bahn kein Grundangebot und Notfallplan im Bahnverkehr anbieten.
In Wirtschaft und Politik wächst der Unmut über den Arbeitskampf. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) signalisierte, dass er kein Verständnis mehr für den Streik der GDL habe. "Das muss möglich sein, eine Lösung zu finden und die Interessen, die man hat, jetzt nicht auf Kosten anderer Menschen so radikal auszutragen, das finde ich nicht mehr richtig", sagte Habeck in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv. Angesprochen auf GDL-Chef Weselsky, ergänzte der Minister, es sei dringend der Moment gekommen, wo eine Lösung her müsse. "Mein Verständnis ist tatsächlich nicht mehr ausgeprägt."
Die Bahn hat einen Notfahrplan aufgesetzt und will im Fernverkehr besonders lange Züge einsetzen. Nach Konzernangaben fallen rund 80 Prozent der Züge im Fernverkehr aus. Im Regionalverkehr und bei S-Bahnen sei das Angebot regional sehr unterschiedlich.
Die zuletzt vierwöchigen, vertraulichen Verhandlungen zwischen Bahn und GDL waren in der vergangenen Woche gescheitert. Kernpunkt ist die von der GDL verlangte Kürzung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter auf 35 von 38 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Moderatoren hatten bis 2028 eine stufenweise Absenkung auf 36 Stunden vorgeschlagen. Die Bahn akzeptierte dies, die GDL lehnte es ab.
Die Luftfahrt-Streiks beim Bodenpersonal der Lufthansa sorgen für Annullierungen und Wartezeiten. Vor allem die Airports Frankfurt und Hamburg sind stark betroffen, weil die Gewerkschaft Verdi dort auch das Sicherheitspersonal bestreikt. Der Flughafen Düsseldorf erklärte, es gebe dort ebenfalls einen Arbeitskampf an den Kontrollstellen - aber unangekündigt. "Dadurch soll verhindert werden, dass der Flughafen und seine Partner sich auf den Ausstand einstellen können."
(Bericht von Klaus Lauer und Markus Wacket; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)