Frankfurt (Reuters) - EZB-Chefbankenaufseherin Claudia Buch warnt angesichts der rasant gestiegenen Zinsen im Euroraum vor einer Verschlechterung der Kreditqualität.
Straffe Finanzierungsbedingungen könnten überschuldete Kreditnehmer in eine finanzielle Notlage bringen, sagte Buch am Dienstag auf einer Konferenz der US-Bank Morgan Stanley in London laut Redetext. Hoch verschuldete Kreditnehmer mit variablen Zinssätzen seien besonders anfällig. "Es gibt erste Anzeichen für eine Verschlechterung der Kreditportfolios, auch bei Krediten an kleinere Firmen und an Firmen in Sektoren wie dem Baugewerbe und dem Immobiliensektor." Die ehemalige Bundesbank-Vizepräsidentin leitet seit Januar die EZB-Bankenaufsicht.
Bei Wohnimmobilien seien Zahlungsrückstände, die auf ausfallgefährdete Kredite hindeuteten, im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, sagte Buch. Allerdings längen sie noch unter dem Niveau von vor der Corona-Pandemie. "Ein Sektor, der besonders anfällig für höhere Zinssätze ist, sind Gewerbeimmobilien." Banken müssten diese Risiken richtig einstufen und steuern. Die Institute müssten zudem abschätzen, wie sich Zinsänderungen auf ihre künftige Gewinnstärke auswirken könnten.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen seit Sommer 2022 zehn Mal in Serie angehoben - zuletzt im September 2023. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Horten überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt seitdem bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit Beginn der Währungsunion 1999. Allerdings wird an den Märkten davon ausgegangen, dass die EZB und die US-Notenbank die Zinsen in diesem Jahr wieder senken werden.
(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)