Moskau (Reuters) - In Russland hat am Freitag die als weder frei noch fair geltende Präsidentschaftswahl begonnen, mit der sich Amtsinhaber Wladimir Putin für weitere sechs Jahre bestätigten lassen will.
Bis Sonntag sind mehr als 114 Millionen Wahlberechtigte einschließlich in den besetzten Gebieten in der Ukraine dazu aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Witwe des in Haft ums Leben gekommenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hat für Sonntagmittag zu einem Protest gegen Putin aufgerufen. Seine drei Gegenkandidaten gelten als Marionetten Moskaus.
Gut zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Putin Russland fest im Griff. Der 71-Jährige ist seit 1999 im Amt, unterbrochen von einer Legislatur als Ministerpräsident. Der Kreml propagiert die Wiederwahl mit dem Argument, Putin habe Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Stabilität gebracht und biete dem Westen die Stirn. Nawalny galt als Putins schärfster Kritiker in Russland. Er war Mitte Februar im Straflager "Polarwolf" in Sibirien ums Leben gekommen. Zahlreiche andere Kreml-Kritiker sitzen ebenso in Haft. Die Opposition um Nawalnys Vertraute kritisiert die Wahl als Schein.
"MITTAG GEGEN PUTIN"
Gewählt wird auch in den russisch besetzten Gebieten im Osten und Süden der Ukraine, einschließlich der Halbinsel Krim, die Putin bereits 2014 völkerrechtswidrig annektierte. Im Zuge des am 24. Februar 2022 begonnenen Angriffskriegs hat Russland vier ukrainische Gebiete ebenso völkerrechtswidrig annektiert - Cherson, Saporischschja, Luhansk und Donezk. Allerdings haben russische Truppen diese Gebiete nach wie vor nicht vollständig unter Kontrolle. Die ukrainische Regierung nennt die Wahlen in den Gebieten illegal und gegenstandslos.
Putins Gegenkandidaten sind der Kommunist Nikolai Charitonow sowie Leonid Slusky, Chef der nationalistischen Liberaldemokratischen Partei, und Wladislaw Dawankow von der Neuen Volkspartei. Zwei weitere Kandidaten, die Kriegsgegner Boris Nadeschdin and Jekaterina Dunsowa wurden von der Wahlkommission wegen Formfehler ausgeschlossen. Nawalnys Unterstützer haben für Sonntag zu einem "Mittag gegen Putin" aufgerufen. Der Kreml warnte davor, an nicht autorisierten Versammlungen teilzunehmen.
Mit seiner Wiederwahl und Vollendung der nächsten Amtszeit wäre Putin länger im Amt als Staats- und Parteichef Josef Stalin und das am längsten regierende Staatsoberhaupt seit Katharina der Großen im 18. Jahrhundert. Nach einer 2020 von den Wählerinnen und Wählern bestätigten Verfassungsänderung könnte Putin 2030 erneut für weitere sechs Jahre antreten.
(Bericht von Reuters; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Christian Rüttger; Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)