Berlin (Reuters) - Angesichts der absehbaren EZB-Zinswende beurteilen Börsenprofis die Konjunkturaussichten in Deutschland deutlich besser als zuletzt.
Das Barometer für die Einschätzung in den kommenden sechs Monaten stieg im März um 11,8 Punkte auf plus 31,7 Zähler, wie das Mannheimer ZEW am Dienstag zu seiner Umfrage unter 166 Analysten und Anlegern mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einer Verbesserung auf 20,5 Punkte gerechnet. "Die Konjunkturerwartungen für Deutschland steigen deutlich", erklärte ZEW-Chef Achim Wambach.
Im Gegensatz dazu hat sich die Einschätzung der gegenwärtigen konjunkturellen Lage kaum verändert. Sie stieg um 1,2 Punkte auf einen Wert von minus 80,5 Zählern. "Die Erwartungen marschieren, ohne dass die Lage hinterherkommt. Tatsächlich begräbt die schlechte Lagebeurteilung weiterhin die Konjunkturhoffnungen", sagte Chefökonom Alexander Krüger von Hauck Aufhäuser Lampe.
Nach der Rezession 2023 wird sich die deutsche Wirtschaft dieses Jahr voraussichtlich kaum besser schlagen. Führende Forschungsinstitute erwarten nur noch ein Mini-Wachstum. Und das DIW Berlin rechnet gar mit einer Stagnation. Dämpfend auf die Wirtschaft wirkt unter anderem die von der EZB betriebene Hochzinspolitik. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird laut ihrem Vizechef Luis de Guindos allerdings im Juni in der Lage sein, über eine Zinssenkung zu beraten. Mehr als 80 Prozent der vom ZEW befragten Börsianer gehen davon aus, dass die EZB in den kommenden sechs Monaten Zinssenkungen vornehmen wird.
Nach einer Serie von zehn Zinsanhebungen, die im Sommer 2022 startete, hat die EZB nunmehr in den jüngsten vier geldpolitischen Sitzungen die Zinsen konstant gehalten. Die Inflation in der Euro-Zone ist inzwischen deutlich gesunken und lag zuletzt im Februar noch bei 2,6 Prozent. Das ist nicht mehr weit entfernt von der EZB-Zielmarke von zwei Prozent.
(Bericht von Reinhard Becker, redigiert von Klaus Lauer - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)