Berlin (Reuters) - Vom EU-Gipfel in Brüssel soll nach dem Wunsch der Bundesregierung ein klares Signal der Unterstützung für die Ukraine ausgehen.
Kanzler Olaf Scholz will sich deshalb wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell auf dem Treffen der 27 EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag in Brüssel dafür einsetzen, dass die Gewinne aus den eingefrorenen russischen Vermögen in Europa für Waffenkäufe für die Ukraine verwendet werden. Dagegen wird Widerstand von Ungarn und anderen Ländern erwartet. Außerdem wollen Deutschland, Frankreich und einige andere Staaten, dass die Europäische Investitionsbank (EIB) künftig auch in die Rüstungsindustrie investieren kann, um die Produktion von Waffen und Munition schneller zu erhöhen.
Auf dem EU-Gipfel werden neben der Ukraine-Hilfe auch der Krieg im Gazastreifen, Hilfen für die Landwirtschaft und die Frage der Aufnahme der EU-Beitrittsverhandlungen mit Bosnien-Herzegowina auf der Tagesordnung stehen. Im Zentrum steht aber die Frage, wie die EU der Ukraine besser im Kampf gegen Russland helfen kann.
In den vergangenen Wochen hatte man sich bereits darauf geeinigt, dass auch mit Geld aus der sogenannten europäischen Friedensfazilität weltweit Munition für die Ukraine eingekauft werden kann. Das sei wichtig, weil es hier nicht um Wirtschaftshilfe gehe, sagte Scholz in Anspielung auf die frühere ablehnende Haltung Frankreichs, das mit EU-Geld nur Ankäufe bei der europäischen Industrie erlauben wollte.
Zudem will Scholz einige Milliarden Euro aus Zinserträgen aus dem eingefrorenen russischen Vermögen für Waffenkäufe nutzen. "Da geht es um ein paar Milliarden, vielleicht bis zu fünf in diesem Jahr,... die verfügbar sind", sagte er in einer Regierungserklärung im Bundestag. "Ich setze mich deshalb in Europa dafür ein, dass die Mittel konzentriert werden auf das Dringendste, was die Ukraine jetzt braucht, nämlich die Unterstützung bei der Verteidigung des Landes." Es wird aber noch mit dem Widerstand von Ungarn und einigen neutralen EU-Staaten gerechnet.
Der EU-Außenbeauftragte Borrell hatte vorgeschlagen, 90 Prozent der Einnahmen aus in Europa eingefrorenen russischen Vermögenswerten für Waffenkäufe für die Ukraine auszugeben. Etwa 70 Prozent aller im Westen eingefrorenen russischen Vermögenswerte befinden sich bei der belgischen Euroclear, wo Wertpapiere und Bargeld der russischen Zentralbank im Wert von 190 Milliarden Euro gelagert sind. Borrell schlug vor, die verbleibenden zehn Prozent der Zinseinnahmen in den zentralen EU-Haushalt fließen zu lassen.
Der EU-Gipfel will sich auch mit der Lage in Russland nach der Wiederwahl von Präsident Wladimir Putin beschäftigen. "Russland ist nicht stark", betonte der Kanzler. "Wenn der russische Präsident glaubt, dass er diesen Krieg nur aussitzen muss und wir schwächeln werden in unserer Unterstützung, dann hat er sich verrechnet", fügte Scholz hinzu. Die Manipulation der Wahlen in Russland und der Druck auf die Opposition seien Zeichen der Schwäche der russischen Führung. Mehr Waffenlieferungen an die Ukraine seien das Gebot der Stunde, betonte der SPD-Politiker.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)