Brüssel/Berlin (Reuters) - Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen ihre Tonlage gegenüber Israel im Gazakonflikt verschärfen.
Zum einen wird im Entwurf der Abschlusserklärung des EU-Gipfels in Brüssel eine sofortige humanitäre Feuerpause gefordert. Zum anderen wird Israels Regierung aufgefordert, auf eine große militärische Offensive im Süden des Gazastreifens zu verzichten. Der fortgesetzte "illegale Siedlungsbau" in den besetzten palästinensischen Gebieten wird ebenso kritisiert wie die Gewalt radikaler jüdischer Siedler im Westjordanland. Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich zu Beginn des zweitägigen Gipfels mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres getroffen, der mehrfach auf eine katastrophale Versorgungslage der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen hingewiesen hatte.
Heute gehe der EU-Gipfel viel weiter als in den Monaten zuvor, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in Brüssel. Die Menschen im Gazastreifen hungerten. "Deshalb hoffe ich, dass der Gipfel eine starke Botschaft an Israel sendet, mit der Blockade aufzuhören, Nahrungsmittel nach Gaza zu schicken und sich um die Zivilbevölkerung zu kümmern." Israel habe sicher das Recht sich zu verteidigen, "aber nicht das Recht auf Rache".
In Berlin kündigte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock an, dass sie am Sonntag erneut in die Nahost-Region reisen werde. Sie wolle vor Ort sehen, "wie wir alle Hebel in Bewegung setzen können, so schwer das und aussichtslos das gerade scheint", sagte sie im Bundestag. Die Hamas müsse ihre Waffen niederlegen und die Geiseln freilassen, forderte Baerbock. Letzten Sonntag hatte Kanzler Olaf Scholz Gespräche in Jordanien und Israel geführt.
Die israelische Armee war nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen einmarschiert. In den vergangenen Wochen hatten die Mahnungen westlicher Regierungen zugenommen, dass Israel die volle Verantwortung für die Versorgung der rund zwei Millionen Zivilisten übernehmen müsse. Nach UN-Angaben droht mindestens 576.000 Menschen - einem Viertel der Bevölkerung von Gaza - eine Hungersnot.
(Bericht von Andreas Rinke, Alexander Ratz; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)