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EU will Ukraine schnell mit Zinsen aus eingefrorenem russischem Vermögen helfen

22.03.2024
um 17:12 Uhr

- von Andreas Rinke und Andrew Gray

Brüssel (Reuters) - Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet, dass die Zinsen aus eingefrorenem russischem Vermögen schnell für Waffenkäufe für die Ukraine verwendet werden können.

"Wir haben die rechtliche Grundlage bereits geschaffen.... Da die (Zinsen) ja verfügbar sind und nicht gesucht werden müssen und man weiß, wo sie sind, geht es wohl schnell", sagte Scholz am Freitag in Brüssel nach Abschluss des EU-Gipfels. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte davon gesprochen, dass man die erste Milliarde Euro im Juli nutzen könne. Zurückhaltend äußerten sich sowohl Scholz als auch Frankreich gegenüber Ideen, die Zinsen für die Einrichtung eines neuen Fonds zu schaffen, der noch mehr Geld aktivieren soll.

Scholz betonte, dass es auf dem EU-Gipfel gelungen sei, der Kommission für ihren vorbereitenden Arbeiten politische Orientierung zu geben, dass das Geld überwiegend in den Kauf von Waffen und Munition gehen solle. Dies sei ein "riesiger Fortschritt". Den Widerstand von Ungarn und einigen neutralen EU-Staaten glaube man dadurch zu entkräften, dass nicht 100, sondern nur 90 Prozent in die Waffenhilfe gehen und der Rest in andere Projekte, sagten EU-Diplomaten.

Scholz sagte angesichts russischer Kritik, dass es sich um ein rechtlich völlig abgesichertes Verfahren handele, wenn man zwar nicht die russischen Vermögenswerte, aber die Zinsen daraus verwendet. Die Erträge aus dem nach dem russischen Überfall auf die Ukraine eingefrorenen Vermögen stünden niemandem zu. "Deshalb kann auch die Europäische Union sie vereinnahmen und verwenden."

Der Kreml erklärte am Freitag dagegen, die Rechtsabteilungen westlicher Banken seien sich der "katastrophalen Folgen" bewusst, die eintreten würden, wenn die EU mit ihren Plänen zur Beschlagnahmung russischer Vermögenswerte fortfahre. Die Banken befürchteten hochrangigen Quellen aus der Industrie zufolge kostspieligen Rechtsstreitigkeiten. Kanzler Scholz betonte aber, dass es ausdrücklich nicht um die Nutzung der Vermögen an sich gehe. Dies hatten etwa die US-Regierung, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und einige osteuropäische EU-Staaten vergeblich gefordert.

VORSTOSS AUS BELGIEN

Scholz äußerte sich zudem skeptisch zu Ideen aus Belgien und den USA, mit den Zinseinnahmen einen Sonderfonds zu schaffen, mit dem noch mehr Geld für die Ukraine aktiviert werden könnte. "Ich glaube, dass das, was wir tun werden, schon ist, sie direkt zu verwenden und nicht jetzt noch eine neue Konstruktion zu entwickeln", sagte er. Weiterführende Ideen hätten bei den Beratungen keine Rolle gespielt.

"Die Erlöse, die uns zur Verfügung stehen, belaufen sich auf etwa drei Milliarden Euro", hatte der belgische Regierungschef Alexander de Croo zuvor mit Hinweis auf einen belgischen Vorstoß gesagt. "Das ist gut, um sie zu nutzen, aber man könnte sie auch nutzen, um an die Kapitalmärkte zu gehen und sie als jährliche Zinszahlung zu verwenden", fügte er hinzu. Damit könne man ein viel größeres Volumen für die Hilfe erreichen.

Die Agentur Bloomberg hat zuvor unter Bezug auf ungenannte Quellen geschrieben, dass die US-Regierung den G7-Verbündeten einen Vorschlag unterbreitet habe, wie man noch mehr Geld aktivieren könne. So solle eine Zweckgesellschaft gegründet werden, um Anleihen im Wert von mindestens 50 Milliarden Dollar zu begeben, die durch die Gewinne aus den eingefrorenen Vermögenswerten gedeckt sind.

Dies stößt in der EU jedoch auf Vorbehalte. Etwa 70 Prozent aller im Westen eingefrorenen russischen Vermögenswerte befinden sich beim belgischen Zentralverwahrer Euroclear, der über Wertpapiere und Bargeld verschiedener russischer Zentralbanken im Gegenwert von 190 Milliarden Euro verfügt. Die US-Regierung ihrerseits hat Schwierigkeiten, ihre der Ukraine versprochene Militärhilfe durch den US-Kongress zu bekommen.

(Mitarbeit: Julia Payne; redigiert von redigiert von. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)