London (Reuters) - Wegen eines Streits zwischen Investoren und Regulierern droht dem größten britischen Wasserversorger die Verstaatlichung. Ein Kollaps von Thames Water stehe zwar nicht unmittelbar bevor, sagte Firmenchef Chris Weston am Donnerstag in einem Interview mit BBC Radio. Ohne eine Finanzspritze müsse sein Unternehmen im kommenden Jahr aber wohl unter "Sonderverwaltung" gestellt werden.
Anleger weigern sich, zuvor versprochene Gelder in Höhe von umgerechnet 585 Millionen Euro auf den Tisch zu legen. Der Grund hierfür sind Meinungsverschiedenheiten mit der Aufsichtsbehörde Ofwat über die Höhe der Gebühren für Verbraucher und den Umfang von Investitionen für Modernisierungen. Die Verhandlungen über eine geplante Anhebung der Wassergebühren seien festgefahren, würden aber fortgesetzt, teilte das Unternehmen mit. "Thames Water beabsichtigt, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die erforderlichen Eigenkapitalinvestitionen von neuen oder bestehenden Anteilseignern zu erhalten."
Die Anteilseigner, darunter mehrere Pensionskassen und der Staatsfonds von Abu Dhabi, beklagten eine mangelnde regulatorische Unterstützung durch Ofwat. Daher könnten sie die bis Ende des Monats erwarteten 585 Millionen Euro der insgesamt zugesagten 877 Millionen Euro nicht bereitstellen. Thames Water benötigt früheren Angaben zufolge darüber hinaus zwischen 2025 und 2030 weitere Finanzspritzen in Höhe von etwa 2,9 Milliarden Euro.
Der kriselnde Konzern gilt in Großbritannien als Musterbeispiel für eine gescheiterte Privatisierung. Das Unternehmen muss Schulden von umgerechnet 17,5 Milliarden Euro zurückzahlen. Gleichzeitig soll es die Gebühren auf einem für Verbraucher akzeptablen Niveau halten und die wachsende Verschmutzung von Flüssen mit Abwasser bekämpfen. Letzteres sorgt in Großbritannien immer wieder für Ärger.
Der britische Finanzminister Jeremy Hunt beobachtet die Entwicklung nach eigenen Aussagen "sehr aufmerksam". Seine Regierung hatte unter Hinweis auf die angespannte Finanzlage von Thames Water bereits im vergangenen Jahr mitgeteilt, sie stehe für eine Rettung bereit. Ofwat betonte am Donnerstag, dass trotz der aktuellen Streitigkeiten mit den Thames-Eignern die Wasserversorgung jederzeit gewährleistet werde.
(Bericht von Sarah Young; geschrieben von Hakan Ersen. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)