Reuters

Ukraine greift Raffinerie 1300 Kilometer hinter Frontlinie an

02.04.2024
um 13:12 Uhr

- von Guy Faulconbridge und Vladimir Soldatkin

Moskau (Reuters) - Die Ukraine hat eine Öl-Raffinerie und eine Drohnenfabrik weit hinter der Frontlinie angegriffen.

In der Republik Tatarstan sei die drittgrößte Raffinerie Russlands angegriffen und beschädigt worden, hieß es am Dienstag in ukrainischen Geheimdienstkreisen. Eine Drohne habe das Ziel fast 1300 Kilometer hinter der Frontlinie getroffen. Der Bürgermeister der Stadt Nischmekamsk, Ramil Mullin, bestätigte: "Ein Drohnen-Angriff wurde auf ein Unternehmen in Nischmekamsk ausgeführt. Es gab keine Opfer und keinen schwerwiegenden Schaden." Laut der russischen Nachrichtenagentur RIA brach ein Brand aus, der nach 20 Minuten gelöscht werden konnte. Die Produktion sei nicht unterbrochen worden. Eine Drohne habe die Flugabwehr abgeschossen. Den Geheimdienstkreisen zufolge wurde in der Region zudem eine Drohnenfabrik attackiert, die Flugkörper des Typs Schahed mit großer Reichweite herstellt.

Von Reuters ausgewertete Video-Bilder des Angriffs auf die Raffinerie deuten daraufhin, dass ein Teil der Taneco-Raffinerie getroffen wurde, die zu den größten des Landes gehört und täglich 340.000 Fass Treibstoff produzieren kann. Der getroffene Teil ist etwa für die Hälfte der Produktion verantwortlich.

Die Ukraine hat in den vergangenen Monaten verstärkt Raffinerien angegriffen, um die Öl-Einnahmen Russlands zu beschneiden. Russland ist der zweitgrößte Öl-Exporteur der Welt. Nach Reuters-Berechnungen haben die Angriffe rund 14 Prozent der Raffinerie-Kapazitäten des Lands zum Erliegen gebracht.

Ebenfalls in Tartastan, offenbar bei der Stadt Jelabuga, griff die Ukraine eine Fabrik für Langstrecken-Drohnen des Typs Schahed an. Den Geheimdienstkreisen zufolge entstand dabei großer Schaden. Rustam Minnichanow, Präsident der Republik Tatarstan, sprach von einigen Verletzten. Eine Arbeiterunterkunft sei getroffen worden, die Produktion aber nicht eingeschränkt.

Die Republik Tatarstan ist hoch industrialisiert und liegt etwa 1000 Kilometer südöstlich von Moskau. Es ist ungewöhnlich, dass die Ukraine Ziele in dieser großen Entfernung angreift und trifft. Die Ukraine betont, es seien Drohnen eigener Produktion mit dieser Reichweite eingesetzt worden. Westliche Alliierte wie die USA sind bei der Lieferung von Langstreckenwaffen zögerlich, da sie eine Eskalation des Krieges fürchten. Die Nachricht vom Angriff in Tatarstan wirkte sich auch auf die Währung Russlands aus: Der Rubel gab nach der Nachricht der Attacke gegenüber dem Dollar nach.

Russland wiederum hat nach Angaben der Ukraine in der Nacht zu Dienstag erneut die Energie-Infrastruktur des Landes angegriffen. Ziel der Drohnenattacken seien die Regionen Dnipropetrowsk und Kirowohrad gewesen, teilte das ukrainische Militärkommando Süd mit. Laut dem ukrainischen Generalstab sind in der Nacht neun von zehn russischen Drohnenangriffen abgewehrt worden.

(Geschrieben von Markus Wacket; Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)