Reuters

Israel räumt Tötung von internationalen Helfern ein

02.04.2024
um 17:07 Uhr

- von Nidal al-Mughrabi

(Reuters) - Israel hat die Verantwortung für einen Luftangriff auf eine Hilfsorganisation im Gazastreifen übernommen, bei dem sieben internationale Helfer getötet wurden.

Das Militär bestätigte am Dienstag einen tragischen Vorfall und kündigte eine unabhängige Expertenuntersuchung an. Auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach in einer Videobotschaft von einem tragischen Ereignis. "Das passiert in Kriegszeiten", sagte er. Der Vorfall werde gründlich untersucht. Die betroffene Organisation World Central Kitchen (WCK) nannte den Angriff unverzeihlich und setzte ihre Arbeit in der Region aus. Nach eigenen Angaben vom März hat sie in den vergangenen 175 Tagen mehr als 42 Millionen Mahlzeiten im Gazastreifen verteilt.

Der WCK zufolge waren die Mitarbeiter in einem Konvoi unterwegs, bei dem zwei gepanzerte Fahrzeuge das Logo der Organisation trugen. Sie hätten gerade ein Lager in Deir al-Balah verlassen, wo sie 100 Tonnen Lebensmittel deponiert hätten. Unter den Getöteten seien Mitarbeiter aus Australien, Großbritannien und Polen. Auch ein palästinensischer Helfer sowie eine Person mit US-kanadischer Staatsbürgerschaft wurden demnach getötet. "Die israelische Regierung muss dieses wahllose Töten stoppen", erklärte WCK-Gründer und Starkoch Jose Andres auf sozialen Medien. "Sie muss aufhören, die humanitäre Hilfe einzuschränken, Zivilisten und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zu töten und Lebensmittel als Waffe einzusetzen."

BLINKEN: ISRAEL MUSS MEHR FÜR HILFE TUN

Der Vorfall wurde international verurteilt. US-Außenminister Antony Blinken forderte Israel zu einer "schnellen, gründlichen und unabhängigen" Untersuchung auf. Humanitäre Helfer müssten geschützt werden. Australiens Ministerpräsident Anthony Albanese forderte, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. "Dies ist eine menschliche Tragödie, die sich niemals hätte ereignen dürfen", sagte er. In Polen sprach die Regierung der Familie eines getöteten Helfers ihr Mitgefühl aus. "Polen protestiert gegen die Missachtung des humanitären Völkerrechts", erklärte das Außenministerium auf X. Die radikal-islamische Hamas warf Israel vor, mit dem "terroristischen" Angriff Hilfsorganisationen abschrecken zu wollen.

Israel stand bereits vor dem Angriff unter internationalem Druck, gegen den Hunger im Gazastreifen vorzugehen und Zivilisten besser zu schützen. Blinken erklärte am Dienstag, das Land müsse mehr tun, um Lieferungen in das Palästinenser-Gebiet zu lassen. Die UN und andere internationale Organisation werfen Israel vor, die Verteilung von Gütern durch bürokratische Hürden zu behindern und die Lebensmittelkonvois nicht ausreichend zu schützen. Israel weist dies zurück und hat erklärt, den Hilfsorganisationen fehlten die notwendigen logistischen Kapazitäten. Der Krieg im Gazastreifen begann am 7. Oktober mit einem Überraschungsangriff der Hamas auf Israel. Im Zuge der israelischen Gegenoffensive wurden große Teile des Küstengebietes mit seinem 2,3 Millionen Einwohnern zerstört.

Die WCK engagiert sich seit 2010 in Krisengebieten. Andres hatte sie als Reaktion auf ein Erdbeben auf Haiti gegründet. Die Organisation hat sich an den ersten Hilfslieferungen über See von Zypern aus zum abgeriegelten Gazastreifen beteiligt, nachdem die Versorgungslage der Palästinenser in dem Küstengebiet immer prekärer wurde. Der jetzt angegriffene Konvoi war eingesetzt worden, um die zweite Lieferung aus Zypern mit 332 Tonnen Hilfsgütern in das Lager zu transportieren.

(Geschrieben von Hans Busemann und Scot W. Stevenson, redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)