- von Markus Wacket
Berlin (Reuters) - Nach Streiks, Lohnerhöhungen und angesichts eines rasant gestiegenen Schuldenbergs will die Deutsche Bahn laut Konzernkreisen einen scharfen Sparkurs einschlagen.
"Vorbereitet wird ein Einstellungsstopp sowie eine fast konzernweite Ausgabensperre", sagte ein Konzernvertreter am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. An anderer Stelle im Unternehmen hieß es, betroffen sei in erster Linie die Holding, aber auch die Töchter würden einbezogen. Beim Fernverkehr sollten 250 Millionen Euro eingespart werden, um die Ziele der Sparte für 2024 noch zu schaffen.
In Unternehmenskreisen hieß es, der Vorstand werde die Einschnitte womöglich schon am Dienstag beschließen. Eine Bahn-Sprecherin wollte sich zu den Informationen nicht äußern.
Der sogenannte qualifizierte Einstellungsstopp bedeute, dass Neubesetzungen und vor allem neue Stellen von der Konzernleitung gebilligt werden müssten, hieß es. Während etwa Lokführer weiter eingestellt würden, solle die Verwaltung verschlankt werden. Bei der qualifizierten Ausgabensperre sollen konzernweit alle Extra-Ausgaben bis hin zu Dienstreisen ebenfalls von der Chefetage gebilligt werden müssen. "Dies ist die Notbremse im Konzern", sagte ein Konzernvertreter.
Getroffen würden damit alle Geschäftsfelder der Eisenbahn in Deutschland, nicht aber die internationale Tochter Schenker, die zum Verkauf steht. Die Schienennetz-Projekte und die wesentlichen Investitionen sollen den Konzernkreisen zufolge in diesem Jahr wie geplant umgesetzt werden. Unter den Töchtern steht seit längerem die verlustreiche Frachtsparte DB Cargo im Blickpunkt. Pläne zur Auslagerung von Transportbereichen treffen aber auf massiven Widerstand bei Arbeitnehmervertretern, so dass bereits mehrere Gerichtsverfahren anhängig sind.
ANGST UM DIE BONITÄT
Grund für den verschärften Sparkurs ist neben den Kosten von Streiks und Tarifabschlüssen die im vergangenen Jahr rasant auf 34 Milliarden Euro gestiegene Verschuldung. Das sind fünf Milliarden mehr als 2022. Der Konzern musste zuletzt schon mehr als eine halbe Milliarde Euro Zinsen zahlen, die wegen der höheren Marktzinsen weiter zu steigen drohen. Die Bahn hatte die meisten Anleihen zu einer Zeit niedriger Zinsen ausgegeben - sie müssen nun aber durch höher verzinste ersetzt werden.
Befürchtet wird vor allem eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit durch die Ratingagenturen S&P und Moody's. Dann würden Kredite noch einmal teurer, und die Abwärtsspirale würde sich beschleunigen. Derzeit werden die Schulden des Staatskonzerns noch vergleichsweise gut mit "AA-" (S&P) und "Aa1" (Moody's) bewertet. Dies könnte sich aber angesichts der wachsenden Schulden ändern.
Gegensteuern will die Bahn mit dem Verkauf der Logistik-Tochter Schenker. Die erhofften Erlöse von bis zu 15 Milliarden Euro sollen im Konzern bleiben, die Schulden reduzieren und damit das Rating sichern. Da mit Schenker aber der praktisch einzige Gewinnlieferant im Konzern wegfällt, müssen die übrigen Geschäftsfelder stabiler werden. Die Bahn rechnet mit einem Abschluss des Schenker-Verkaufs im nächsten Jahr.
(Redigiert von Alexander Hübner; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)