Berlin (Reuters) - Die FDP fordert im Koalitionsstreit über die Einführung einer Kindergrundsicherung ab 2025 von Bundesfamilienministerin Lisa Paus einen neuen Gesetzentwurf.
Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, müsse die Grünen-Ministerin ihre Vorschläge überarbeiten, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nach einer Präsidiumssitzung am Montag in Berlin. Grünen-Co-Parteichefin Ricarda Lang wies dies zurück. "Ich erwarte, dass man jetzt ins Arbeiten kommt auf der parlamentarischen Ebene", sagte Lang mit Blick auf den Gesetzentwurf, über den der Bundestag schon vor fünf Monaten erstmals beraten hatte. Wer "immer wieder die öffentliche Bühne sucht für einen Generalangriff", erwecke den Eindruck, dass es nicht darum gehe, die Kindergrundsicherung zum Erfolg zu bringen.
Zuvor hatte Paus deutlich gemacht, dass sie nicht von einem Aufbau von etwa 5000 weiteren Behördenstellen ausgehe. "Das ist wahrscheinlich nicht die Zahl", sagte Paus am Sonntagabend im ZDF. Sie setze auf Synergieeffekte und Vereinfachungen durch die geplante Digitalisierung. "Und natürlich wird es auch Änderungen im parlamentarischen Verfahren geben."
Die zusätzlichen Stellen hatte die Bundesagentur für Arbeit (BA) im vorigen Jahr auf der Grundlage des Gesetzentwurfs berechnet, da bei der Behörde die Familienkasse angesiedelt ist, die zum Familienservice ausgebaut werden soll. Ziel der Kindergrundsicherung ist auch eine höhere Inanspruchnahme der staatlichen Leistungen. Die BA ging daher davon aus, dass rund zwei Millionen zusätzliche Anträge im Jahr zu bearbeiten seien.
FDP SPRICHT VON "HALBFERTIGEN KONZEPTEN"
Der FDP-Generalsekretär sagte: "Mit halbfertigen Konzepten in die Öffentlichkeit zu gehen, führt am Ende des Tages nur dazu, dass wir unnötige Debatten haben." Die jetzige Vorlage werde kein einziges Kind aus der Armut bringen.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, lobte bei RTL/ntv zwar, dass Paus die Umsetzung der Kindergrundsicherung moderner und digitaler machen wolle, was schließlich neue Bürokratie eindämmen würde. "Jetzt brauchen wir aber noch einen Gesetzentwurf, der diesen Zielen auch entspricht", forderte er.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Montag in Berlin, er wundere sich, warum der Fokus so stark auf der Zahl der zusätzlichen Stellen liege. "Jetzt geht es um die verwaltungsrechtliche Umsetzung. Da gibt es Fragen, die noch zu klären sind."
Mit dem Gesetz sollen Kindergeld, der Regelsatz für Kinder im Bürgergeld und der Kinderzuschlag gebündelt werden. Die BA hatte bereits deutlich gemacht, das mit einem Start frühestens zur Jahresmitte 2025 zu rechnen sei. SPD-Vizefraktionschef Sönke Rix hatte vorige Woche der "Rheinischen Post" gesagt, die SPD gehe davon aus, "dass wir nicht die komplette Kindergrundsicherung zu Mitte 2025 einführen können".
(Bericht von Holger Hansen, Alexander Ratz, Christian Krämer. Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)