Frankfurt (Reuters) - Die Nachfrage nach Firmenkrediten hat sich einer Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) zufolge in den ersten drei Monaten des Jahres deutlich verringert.
Wie in den Quartalen zuvor bremsten die höheren Zinsen sowie geringere Investitionen bei den Unternehmen die Darlehensnachfrage, wie eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage der EZB unter Finanzinstituten im Euroraum ergab. In der vorherigen Erhebung war für das Auftaktquartal 2024 noch mit einer Stabilisierung der Nachfrage gerechnet worden. Für den Zeitraum April bis Juni gehen Banken nun von einer moderateren Abschwächung der Nachfrage nach Firmendarlehen aus. Ein etwas besseres Bild ergab die Umfrage für private Immobilienkredite. Hier deute sich eine Erholung an.
Die Erhebung zeige, dass sich die Kreditvergabe insgesamt noch nicht erhole, kommentierte Volkswirt Bert Colijn vom Bankhaus ING, die Resultate. Die Investitionen würden daher in den kommenden Monaten gedämpft bleiben, die straffe Geldpolitik habe weiterhin eine restriktive Wirkung. "Für die EZB bedeutet dies, dass eine Lockerung der Zinssätze für die Erholung der Investitionen in der zweiten Jahreshälfte relevant sein wird", so Colijn.
Die EZB hält im Kampf gegen die Inflation bereits seit September den am Finanzmarkt richtungsweisenden Einlagensatz, den Banken erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent. Das bremst wie gewünscht die Inflationsentwicklung, sorgt aber für schlechtere Finanzierungsbedingungen in der Wirtschaft. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter findet am Donnerstag statt. Erwartet wird, dass die EZB auf dem Treffen zwar erneut die Füße stillhalten aber zugleich die Tür für eine bevorstehende erste Zinssenkung in den kommenden Monaten aufstoßen wird.
STANDARDS FÜR BAUFINANZIERUNGEN ERSTMALS WIEDER GELOCKERT
Der Kreditumfrage zufolge verschärften die Banken im ersten Quartal ihre Standards für die Vergabe von Firmendarlehen leicht. Dahinter stehe weiterhin die Risikowahrnehmung der Institute. "Die erhebliche kumulative Verschärfung seit 2022 hat zusammen mit der schwachen Nachfrage zu dem starken Rückgang des Wachstums bei Firmenkrediten beigetragen," erklärte die EZB. Für das zweite Quartal gingen die Geldhäuser davon aus, dass sich die Vergabestandards für Darlehen an Unternehmen moderat verschärfen werden.
Dagegen haben die Banken der Umfrage zufolge ihre Vergabestandards für private Immobilienkredite erstmals seit dem vierten Quartal 2021 gelockert. Dies gehe vor allem auf Entwicklungen in Frankreich zurück, aber auch in kleineren Euro-Ländern hätten sich die Vergabestandards gelockert, so die EZB. Das liege unter anderem am Wettbewerb unter den Banken. Für das zweite Quartal sei nun damit zu rechnen, dass die Vergabestandards für Immobilienkredite an Privatpersonen konstant gehalten werden.
Das Wachstum der Kreditvergabe für den privaten Hauskauf könne in den nächsten Monaten erste Anzeichen für eine Erholung ausgehend von den derzeit niedrigen Niveaus zeigen, erklärte die EZB. In Deutschland zog nach Angaben der Bundesbank im ersten Quartal die private Nachfrage nach Baufinanzierungen erstmals seit zwei Jahren wieder an. Diese Belebung gehe vor allem auf den Rückgang der langfristigen Zinssätze am Finanzmarkt zurück, schreibt die Bundesbank zu den Umfrageergebnissen in Deutschland. Dazu kämen verbesserte Aussichten der Privathaushalte auf dem Immobilienmarkt.
Die EZB befragt viermal im Jahr die Banken zu ihrer Kreditvergabe. Die jüngste Umfrage fand zwischen dem 29. Februar und dem 15. März statt. 157 Banken nahmen teil.
(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)