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Teileinigung bei Mieten und Datenspeicherung - Aber Ampel streitet weiter

10.04.2024
um 17:17 Uhr

- von Andreas Rinke und Alexander Ratz

Berlin (Reuters) - Kurz vor dem Ampel-Koalitionsausschuss hat die Bundesregierung Teileinigungen bei den Themen Mietpreisbremse und Datensicherung erreicht - aber in beiden Bereichen sofort den Streit über weitergehende Schritte verschärft.

FDP-Chef Christian Lindner warnte vor den im Koalitionsvertrag vorgesehenen weitergehenden Reformen für Mieter, während eine Regierungssprecherin auf den Koalitionsvertrag pochte. Das Bundesinnenministerium wiederum betonte nach der Einigung über einer von der FDP geforderte sogenannte Quick-Freeze-Regelung zur kurzfristigen Nutzung von Telekommunikationsdaten, dass man keine Einigung über die Speicherung von IP-Adressen erzielt habe. "Wo nichts ist, kann man nichts einfrieren", sagte der Sprecher. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, kündigte an, dass die von der Bundesregierung nun gefundenen Regelungen im parlamentarischen Verfahren geändert würden.

Die Ampel-Spitzen aus SPD, Grüne und FDP wollen am Abend im Kanzleramt über die weitere Zusammenarbeit sprechen. In den vergangenen Wochen haben sich erneut mehrere Streitthemen aufgetürmt, unter anderem über die Kindergrundsicherung. Die SPD-Fraktion kündigte bei dem Projekt von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) erhebliche Änderungen im parlamentarischen Verfahren an, die FDP will gar einen neuen Gesetzentwurf. Zudem muss in den nächsten Wochen und Monaten der Haushalt 2025 beschlossen werden, was angesichts einer Finanzierungslücke von rund 25 Milliarden Euro als sehr schwierig gilt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte erst am Montag wieder gemahnt, dass die Ampel ihre Konflikte hinter den Kulissen austragen solle.

GRÜNE BEGRÜSSEN TEILEINIGUNG BEI KRIMINALITÄTSBEKÄMPFUNG

Deshalb begrüßte die Regierungssprecherin am Mittwoch auch die Teileinigung zwischen dem FDP-geführten Justizministerium mit dem Innenministerium über den Quick-Freeze. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sprach von einem "Meilenstein für die effektive Strafverfolgung". Dies sei "eine gute Nachricht für Freiheit und Sicherheit in Deutschland". Buschmann und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatten sich bislang nicht auf die Modalitäten einigen können, wie zur Strafverfolgung etwa von Kinderpornographie Kommunikationsdaten von Tatverdächtigen gespeichert und von Ermittlern genutzt werden können.

Faeser verlangt weiter, auch IP-Adressen zu speichern. Dies sei eine notwendige Voraussetzung, "damit dieses neue Verfahren, was sinnvoll ist, (...) überhaupt funktionieren kann und überhaupt Daten vorhanden sind, die dann in Ermittlungen dazu führen können, dass die Täter identifiziert werden", sagte ihr Sprecher. Beide Häuser sich nicht einmal einig, ob eine Vorratsdatenspeicherung in Europa rechtlich zulässig ist. Man werde den Dialog fortsetzen, sagte der Justizminister.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte die jetzt gefundene Regelung als nicht ausreichend. "In der Polizeiarbeit fehlt uns die anlasslose Vorratsdatenspeicherung", sagte GdP-Chef Jochen Kopelke dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Auch Bayerns Justizminister Georg Eisenreich äußerte Kritik: "Das ist ein herber Rückschlag für unsere Ermittlerinnen und Ermittler." Buschmann betonte dagegen, der Staat dürfe seine Bürger nicht unter Generalverdacht stellen und Kommunikationsdaten anlasslos speichern. Zustimmung bekam er von Konstantin von Notz, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen-Fraktion, der die anlasslose Vorratsdatenspeicherung scharf kritisierte.

NUR TEILEINIGUNG BEI MIETEN - WEITERE REFORM UNKLAR

Die Teileinigung kam in einem Paket zustande, bei der Buschmann als zuständiger Minister auch zustimmte, die ansonsten auslaufende Mietpreisbremse bis 2029 zu verlängern. Eine Sprecherin des Bauministeriums sprach davon, dass dies "höchste Zeit" gewesen sei, weil in einigen Bundesländern die rechtliche Grundlage für die Mietpreisbremse bereits im Mai auslaufe.

Auch hier zeigten sich aber grundsätzliche Differenzen zwischen Grünen und SPD sowie der FDP, die in den vergangenen Wochen in einer ganzen Reihe von Themen eine härtere Tonlage in der in Umfragen stark abgesackte Ampel-Koalition angeschlagen hatte. "Verschärfungen über die bestehende Mietpreisbremse hinaus würden angesichts gestiegener Baupreise und Zinskosten eine Erholung der Baukonjunktur beschädigen", schrieb FDP-Chef Lindner auf der Plattform X. Buschmann warnte ebenfalls davor, dass man die Baukonjunktur nicht gefährden dürfe. Auch hier werde es eine weitere "zivilisierte" Debatte mit der SPD geben.

Zuvor hatte Regierungssprecherin Christiane Hoffmann auf die Frage, ob der Kanzler von Buschmann einen Gesetzentwurf zur Kappungsgrenzen erwarte, noch betont: "Ich gehe davon aus, dass das, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist, auch gilt." Im Ampel-Koalitionsvertrag heißt es: "In angespannten (Wohnungs)Märkten werden wir die Kappungsgrenze auf elf Prozent in drei Jahren absenken."

(Mitarbeit: Holger Hansen. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an berlin.newsroom@tr.com)