Washington/Frankfurt (Reuters) - Die Erzeugerpreise in den USA sind im März kaum gestiegen und machen den Finanzmärkten wieder Hoffnung auf eine Zinswende im Hochsommer.
Die Produzentenpreise legten im März nur noch um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit 0,3 Prozent gerechnet, nach 0,6 Prozent im Februar und 0,4 Prozent im Januar. An den Terminmärkten rückt nun die Möglichkeit einer Zinswende im Juli wieder stärker in den Fokus, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür niedriger als für die Sitzung im September eingeschätzt wird.
Die Erzeugerpreise gelten ab Werkstor - also bevor die Produkte weiterverarbeitet oder gehandelt werden. Sie geben damit frühe Signale für die Entwicklung der Verbraucherpreise. Diese waren zuletzt überraschend kräftig gestiegen. Sie kletterten im März zum Vorjahresmonat um 3,5 Prozent, nach 3,2 Prozent im Februar.
Dies kam in der Führungsspitze der Notenbank nicht gut an: Der Chef des Fed-Bezirks New York, John Williams, nannte die Daten enttäuschend. Die Zentralbank habe zwar beträchtliche Fortschritte bei der Bekämpfung der Inflation gemacht. Doch der Weg zum Inflationsziel von zwei Prozent dürfte wahrscheinlich holprig bleiben. Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage bestehe "kein klarer Bedarf, die Geldpolitik sehr kurzfristig anzupassen". Letztendlich seien Zinssenkungen aber erforderlich. Sein Kollege Thomas Barkin aus Richmond betonte, die jüngsten Verbraucherpreisdaten bestärkten nicht die Zuversicht, dass der Preisauftrieb in der Wirtschaft auf breiter Front nachlasse.
WALL STREET AUF RICHTUNGSSUCHE
Die Konjunkturdaten und die Äußerungen der Währungshüter schickten die Wall Street auf Richtungssuche. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte kurz nach der Eröffnung am Donnerstag leicht schwächer bei 38.434 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 lag knapp im Plus bei 5165 Zählern. Der Index der Technologiebörse Nasdaq rückte um 0,4 Prozent auf 16.236 Punkte vor.
An den Finanzmärkten wird vor dem Hintergrund der hartnäckig hohen Inflation in den USA damit gerechnet, dass die Fed die Zinswende wohl erst nach der EZB vollziehen wird. EZB-Chefin Christine Lagarde ließ dies allerdings offen. Die Zinsentscheidungen würden von Sitzung zu Sitzung und abhängig von den Daten getroffen, sagte sie nach dem Zinsbeschluss vor der Presse. Sie könne sich daher auf keinen Zinspfad festlegen, solange die Zahlen nicht vorlägen. Mit Blick auf die US-Notenbank Fed sagte sie: "Ich werde nicht über die geldpolitische Haltung und die Entscheidungen einer anderen Zentralbank spekulieren."
Die Fed hält den Leitzins aktuell in der Spanne von 5,25 Prozent bis 5,50 Prozent. Sie will die Inflation nachhaltig in Richtung ihres Zielwerts von 2,0 Prozent drücken. Eine Zinssenkung der Fed bereits Anfang Mai gilt als praktisch ausgeschlossen. Auch ein erster Schritt nach unten im Juni wird an den Finanzmärkten als eher unwahrscheinlich angesehen.
(Bericht von Howard Schneider, Ann Saphir, Michael S. Derby, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Zuzanna Szyma?ska, Frank Siebelt, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)