Reuters

ProSieben-Finanzchef - Zustimmung für unsere Verkaufspläne wächst

17.04.2024
um 07:47 Uhr

Berlin (Reuters) - Im Streit um die Zukunft von ProSiebenSat.1 gibt sich Finanzvorstand Martin Mildner zuversichtlich, dass der italienische Großaktionär MFE mit seinem Plänen zur Aufspaltung des deutschen Fernsehkonzerns scheitert.

"Die Zustimmung für unsere Verkaufspläne und gegen die Forderung von MFE nach einer Abspaltung wächst", sagte Mildner dem Magazin "Focus" laut Vorabbericht vom Dienstag. Sollten sich die Italiener aber auf der Hauptversammlung am 30. April mit ihrer Forderung nach einer Abspaltung der Internettöchter durchsetzen, fürchtet Mildner eine finanzielle Schieflage des Konzerns.

"Die E-Commerce-Assets würden abgespalten werden, doch die Verbindlichkeiten in kompletter oder zumindest in ganz überwiegender Höhe bei der ProSiebenSat.1 Media SE verbleiben, die dann zudem ein geringeres operatives Ergebnis hat", sagte der Finanzchef. "Zurück bliebe eine hoch verschuldete Entertainmentgruppe, die aber nicht mehr in der Lage wäre, den Schuldenberg durch Verkäufe von Konzernteilen abzubauen."

Die von der Familie Berlusconi kontrollierte Holding MFE-MediaForEurope plädiert dafür, eine Abspaltung des Dating- und E-Commerce-Geschäfts vom Kerngeschäft Unterhaltung zu prüfen und vorzubereiten. Das würde es für MFE attraktiver machen, ProSiebenSat.1 zu übernehmen. Wie von Reuters eingesehene Dokumente zeigten, führte MFE Ende vorigen Jahres und Anfang 2024 Gespräche mit Kreditgebern, die an der Finanzierung einer Übernahme von ProSieben interessiert wären und dies auch unterstützen würden. Es gehe darum, ein potenzielles Übernahmeangebot für bis zu rund vier Milliarden Euro zu finanzieren, hatte Reuters von mit der Sache vertrauten Personen und aus Dokumenten dazu erfahren. MFE ist 2019 bei ProSieben eingestiegen und hält fast 30 Prozent. Die übrigen 70 Prozent sind derzeit rund 1,2 Milliarden Euro wert.

Rückendeckung bekommt die Konzernspitze von der Arbeitnehmervertretung. Der Betriebsrat stelle "sich klar hinter die Strategie von Vorstand und Aufsichtsrat", erklärte der Vorsitzende des Gremiums, Ulrich Schaal. Die Beschäftigten forderten "einen klaren Kurs in der Veränderung und nach innen noch stärker werdende wertschätzende Kontinuität". Aus heutiger Sicht biete "unser jetziges Setup dafür die größte Chance". Daher rufe der Betriebsrat Aktionärinnen und Aktionäre innerhalb der Mitarbeiterschaft, aber auch alle anderen dazu auf, ihr Stimmrecht zur Unterstützung des Vorstands zu nutzen. Der Europäische Betriebsrat (EEB), der die Beschäftigten außerhalb des Hauptsitzes Unterföhring vertritt, äußerte sich ähnlich. Man fordere klare Auskunft von MFE und dem zweiten Großaktionär, der tschechischen PPF-Holding, "über ihre Absichten und Gründe, die sich uns bislang nicht erschließen".

ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets hatte jüngst angekündigt, man habe einen Verkaufsprozess des Online-Parfümhändlers Flaconi und des Vergleichsportals Verivox gestartet. "Flaconi und Verivox haben ein exzellentes Jahr 2023 gehabt", sagte Mildner. "Beide Unternehmen sind auch sehr gut in dieses Jahr gestartet." Sie seien in ausgezeichneter Verfassung für einen Verkauf.

ProSiebenSat.1 steigerte seinen Umsatz im ersten Quartal im Jahresvergleich um sechs Prozent auf 867 Millionen Euro, wie der Konzern am Montagabend auf Basis vorläufiger Geschäftszahlen mitgeteilt hatte. Der bereinigte operative Gewinn (Ebitda) kletterte trotz des angekündigten Anstiegs der Programmausgaben um 35 Prozent auf 72 Millionen Euro - auch mit Hilfe von "konsequentem Kostenmanagement".

Die Aktien von ProSiebenSat.1 bekamen zum Handelsstart Rückenwind von den Spekulationen über eine Übernahme durch MFE und die Quartalszahlen. Die im Kleinwertindex SDax notierten Papiere lagen am Vormittag mit 1,6 Prozent im Plus, drehten aber ins Minus und schlossen etwa 0,3 Prozent schwächer.

(Bericht von Klaus Lauer, Mitarbeit: Stefanie Geiger. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)