(Durchgehend neu)
Capri (Reuters) - Unter dem Eindruck zunehmender russischer Luftangriffe auf die Ukraine beraten die G7-Außenminister über eine stärkere Unterstützung des kriegsgeschundenen Landes mit militärischem Gerät zur Flugabwehr.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock appellierte zum Auftakt eines zweitägigen Treffens der Minister am Donnerstag auf der italienischen Mittelmeerinsel Capri erneut an die Partner in der Welt, vor allem bei der Luftverteidigung mehr für die Ukraine zu tun. Dies sei dringend notwendig, "zum Schutz der Ukraine und zum Schutz unserer eigenen Sicherheit".
Mehr als zwei Jahre nach Beginn der russischen Invasion befindet sich die Ukraine in einer prekären Situation, auch weil weitere US-Unterstützung nach wie vor von den Republikanern im Kongress blockiert wird. Aber auch die Europäische Union war nicht in der Lage, ihr Versprechen nach Lieferung von genug Munition zu erfüllen. Russland überzieht das Land mittlerweile fast täglich mit Raketen- und Drohnenangriffen auf die Infrastruktur des Landes, aber auch auf zivile Ziele. Die ukrainische Flugabwehr ist längst nicht mehr in der Lage, alle Angriffe abzuwehren.
An dem Treffen sollten am Nachmittag auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg teilnehmen. Baerbock betonte, Kuleba habe bei einem Nato-Treffen vor zwei Wochen "eindringlich an uns alle appelliert: Wir brauchen die Luftverteidigung jetzt". Daher sei es gut, dass Stoltenberg für Freitag eine Sondersitzung des Nato-Ukraine-Rats einberufen habe, "damit wir diesen Schutz gemeinsam als Europäer verstärken können". Baerbock begrüßte in diesem Zusammenhang, dass die US-Republikaner signalisiert hätten, die Ukraine auch weiterhin unterstützen zu wollen.
"VON DER ZERSTÖRUNG ERHOLEN"
Kuleba sagte vor Beginn des Treffens, der Westen verfolge im Fall Israels offensichtlich einen anderen Ansatz als bei der Ukraine. Er verwies darauf, dass die iranischen Luftangriffe auf Israel am vergangenen Wochenende auch mit Hilfe der USA, Großbritannien und Frankreich abgewehrt worden seien. "Die Strategie unserer Partner in Israel scheint zu sein, Zerstörung und Tod zu verhindern", sagte Kuleba. "In den vergangenen Monaten war die Strategie unserer Partner in der Ukraine, uns dabei zu helfen, uns von der Zerstörung zu erholen." Also müsse das Ziel sein, die Ukraine auch dazu in die Lage zu versetzen, Tod und Zerstörung zu verhindern.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, ebenfalls in Capri anwesend, mahnte, die 27 EU-Mitgliedstaaten müssten der Ukraine mehr Fähigkeiten zur Flugabwehr bereitstellen. Andernfalls werde das Elektrizitäts-System der Ukraine zerstört. "Und kein Land kann ohne Elektrizität (...) kämpfen." Kuleba äußerte die Hoffnung, noch in dieser Woche Zusagen zur Lieferung von mehr Abwehrsystemen der Typen Patriot und SAMP/T zu erhalten. Zudem hoffe er auf weitere EU-Sanktionen gegen die Drohnen-Produktion in Iran, das Russland mit den Flugobjekten dauerhaft beliefert.
Der Gruppe der sieben stärksten westlichen Demokratien gehören die USA, Kanada, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan an.
(Bericht von Crispian Balmer, Angelo Amante und Alexander Ratz. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)